Mit großen Augen sah ich etwas verunsichert zu Wega auf, er hatte mich dabei erwischt, bevor ich es selbst hatte tun können und ich nickte kurz, bevor ich beinahe verzweifelt überlegte, man bemerkte deutlich, dass ich absolut keine Ahnung hatte, von was ich erzählen sollte, aber es lenkte mich wenigstens insofern an, dass ich über etwas anderes nun intensiv nachdachte. Schließlich fiel mir allerdings doch etwas ein und ich begann zu reden, wenn auch nur sehr zögerlich. Ich... äh, beherrsche ein wenig Magie., gestand ich vorsichtig, bevor ich den letzten Part etwas vernuschelte, aber man konnte ihn dennoch immer noch hören und verstehen, Eigentlich... wäre ich lieber... Heiler als Kronprinz. Gerade wollte ich sowieso alles lieber sein, als der Kronprinz von Illaemor, ich fühlte mich noch immer so, als wäre es beinahe die Schuld von meinem Titel, das ich hier gelandet war, auch wenn Wega gemeint hatte ich sollte nicht so denken und ich auch theoretisch wusste, er hatte recht. Nur war das alles nicht so einfach.

Wie kommt ein Kronprinz dazu sich für die Arbeit als Heiler zu interessieren? Das war allerdings durchaus interessant, wenn ich auch vorrangig froh war, dass Aurelien wieder sprach und sich auf etwas anderes zu konzentrieren schien, jedenfalls soweit es möglich war.

Ich helfe manchmal im Hospital aus. Niemand weiß davon, aber ich versuche so anderen zu helfen., sagte ich leise, ich musste wohl kaum erwähnen, dass meine Eltern davon sicherlich nichts wussten, es wäre ihnen auch viel zu gefährlich, bei meinem schwachen Immunsystem, am Ende würde ich mich anstecken und verenden, es war immerhin schon einmal beinahe so weit gekommen, nur dass ich damals nur im Schloss gewesen war. Ich wollte nicht, dass sich jemand so eingesperrt fühlte wie es ich und Aurelia damals hatten müssen. Ich weiß, wie es ist, lange krank zu sein.

Man erfuhr doch immer wieder unglaubliche Dinge. Hier erzählte mir der Kronprinz, dass er sich offenbar aus dem Schoss schlich um unerkannt den Heilern der Stadt zu helfen. Das war so absurd für mich, dass ich beinahe lachen wollte, auch wenn ich es natürlich doch ließ. Auf seine letzte Aussage hin zog ich aber doch eine Augenbraue hoch. Was meinst du damit?

Meine Schwester und ich sind lange Zeit sehr krank gewesen, in unserer Jugend, niemand wusste mit was oder ob es jemals besser wird. Wir waren sehr lange im Palast mehr oder weniger eingesperrt., begann ich ganz zögerlich zu erzählen, während ich wieder zu Wega hochsah, Ich möchte, dass es niemandem so geht, wenn es nicht sein muss. Viele Krankheiten waren schließlich behandelbar oder bekannt, man hatte nur zu wenige Heiler oder einfach generell zu wenige Ressourcen, um die Betroffenen heilen zu können.

Huh. Wer hätte sich das bei den goldenen Kindern des Königspaares gedacht? Ich fragte mich was es wohl gewesen war, das sie so lange flachgelegt hatte, aber ich formulierte es nicht aus. Verstehe, du willst die Veränderung in der Welt sein, die du sehen willst. Sehr nobel. Bist du gut?

Ich- ich weiß es nicht? Ich bin nicht schlecht, ich versuche aber alles neue zu lernen, was ich kann., antwortete ich etwas zögerlich, Wega gab mir mit seiner Direktheit auf jeden Fall viel zum nachdenken, aber ich glaubte nicht, dass ich es wirklich tat, um nobel zu sein, auch wenn es das vielleicht war, je nachdem wie man es eben definierte, Ich mache es nicht wirklich, weil ich nobel sein möchte. Deshalb möchte ich auch gar nicht erkannt werden.

Wenn ich mir jetzt also in den Arm schneide, kannst du das heilen? Ich hatte es nicht vor, sich selbst verletzen fand ich immer unfassbar dumm, die Welt verletzte einen schon genug, kein Grund das selbst auch zu übernehmen, aber mir war kein anderes Beispiel eingefallen um genauer nachzufragen. Ich zog bei Aureliens kleiner Gegenrede allerdings wieder eine Augenbraue hoch und legte leicht den Kopf schräg. Trotzdem ist das irgendwie nobel, oder? Anderen zu helfen und das alles, ob jetzt erkannt oder nicht.

Ja., antwortete ich ohne zu zögern, aber zog dann besorgt die Augenbrauen zusammen, Du hast das aber nicht vor, oder? Egal wie fertig ich war, ich würde niemals jemanden nicht heilen, ganz egal ob selbstverschuldet oder nicht, aber ich schätzte Wega eigentlich nicht so ein, dass er so etwas tun würde, nicht dass ich ihn besonders gut kannte, um das mit voller Sicherheit zu sagen. Wenn er seine Knochen verletzen würde, dann stünde ich vermutlich vor einem Problem, aber solche eher oberflächlichen Wunden waren keine mehr. Ich wollte gerade etwas erwidern, er hatte immerhin durchaus recht, man könnte es als nobel ansehen, aber ich wurde von meinem eigenen Gähnen unterbrochen, bei dem ich mir schnell die Hand vorhob und abwandte, ich war einfach sehr müde, auch wenn ich eigentlich nicht schlafen wollte, mir fielen langsam regelrecht die Augen zu.

Nein, ich bin ja kein Tor. Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. Nie würde ich das absichtlich und freiwillig bei mir selbst machen, nein danke. Aurelien gähnte schließlich allerdings groß und ich spürte die Hoffnung in mir keimen, dass er nun vielleicht doch schlafen konnte. Wie wärs jetzt mit einem kleinen Nickerchen?

Erleichtert nickte ich, das hatte ich auch nicht erwartet, aber ich konnte auf keinen Fall für irgendwelche Verletzungen verantwortlich sein. Dann sah ich ihn beinahe etwas verlegen an, als er nachfragte, er hatte natürlich recht, ich nickte und legte mich ganz vorsichtig am Bett nieder, meine Beine noch immer eng an meine Brust gezogen und meine Arme um diese geschlungen. Ich habe Angst einzuschlafen..., meinte ich schließlich ganz leise, fast so als wollte ich gar nicht, dass er es hörte, aber irgendwie doch, denn es war das, wie ich mich fühlte, mir fielen die Augen zu, aber ich wollte sie beinahe schon krampfhaft offenhalten, ich wusste, dass es keinen Zweck hatte, aber ich hatte Angst, dass ich mich wieder in dieser Situation vorfinden würde, wie zuvor.

Hm, ich glaube ich hab da was. Ich setzte mich auf, denn so zurück gelehnt konnte ich nicht richtig singen. Ich überlegte kurz und wählte dann ein weiteres Wiegelied, das ich einst vor langer Zeit gelernt hatte, dieses hier von der Frau eines meiner Besitzer, sie hatte ihrer gemeinsamen Tochter jeden Abend etwas vorgesungen und ich hatte es hören können. Es war sogar irgendwie passend, das Lied drehte sich um Sterne, um eine Prinzessin, wenn auch im übertragenen Sinne, und um das ruhige Schlafen. Ers summte ich die Melodie etwas mit, dann stimmte ich das Lied an. Wo Himmel und Erde einander berühr'n, ein glutroter Kuss. Kannst du's sehn, kannst du's spür'n? Ich legte genug Magie in meine Worte um Aurelien einschlafen zu lassen, doch ich gab gut acht, er war in einem schlechten mentalen Zustand und ich wollte ihn nicht versehentlich völlig in meinen Bann ziehen.

Erstaunt sah ich Wega an und bevor ich es verhindern konnte, rannen ein paar einzelne Tränen über meine Wangen, allerdings nicht, weil es so schlimm war, sondern einfach, weil ich ein bisschen überwältigt davon war, wie viel Geduld er mit mir bewiesen hatte, auch wie sehr er mir geholfen hatte, ich war ihm einfach so unendlich dankbar. Aber bevor ich noch etwas sagen konnte, war ich auch schon tief und fest, traumlos zum Glück vor lauter Erschöpfung, eingeschlafen.

Ich sang noch etwas weiter als Aurelien schon eingeschlafen war, um ganz sicher zu gehen und verstunmte dann. Ich stand auf und zog die Decke über Aurelien Körper, dann schnappte ich mir Einars Jacke - Weil es kalt war! - und wickelte mich darin ein, so breit wie der Zwerg war musste ich das wirklich tun, ehe ich mich in den Stuhl kuschelte und schließlich selbst eindöste.

Vollkommen bewegungslos hatte ich geschlafen, ohne mich viel zu bewegen, aber auch ohne mich vollständig zu erholen, aber das war wohl zu erwarten gewesen. Als ich wieder aufgewacht war, war ich ganz kurz in Panik verfallen, in welchem Raum ich mich befand, aber hatte mich eigentlich sofort wieder gefangen, als ich bemerkt hatte, bei wem ich war. Ich war Wega so unglaublich dankbar für alles, was er für mich getan hatte, und ich versuchte auch das so gut auszudrücken, wie ich konnte, aber es war nicht so einfach, ich fühlte mich noch immer sehr scheu. Die nächsten Tage, nachdem ich dann wider Willen in den Palast zurückgekehrt war, hatte ich in meinen Gemächern verbracht, fern ab von allem fremden, am Stricken und Nähen, für Osiris, es gab meinem Leben wenigstens etwas Sinn. Ich hatte mir allerdings fest vorgenommen, so bald ich konnte, Wega wieder einmal zu besuchen.

eine Weile später, bei: Die Wiesen und Wälder » Teufelsbrücke