Nun, vielleicht gab es doch etwas schöneres als einen Krug Bier, wie ich feststellen musste, als ich neugierig auf meinen Sitz kletterte, um zwischen all diesen Wesen hindurch besser sehen zu können, als Musik zu spielen begann. Es war meistens ein Zeichen, dass gleich ein besonderer Auftritt passierte und heute war es wohl der, den ich mir in meinen wildesten Träumen nicht zusammendenken hätte können. Denn dort stand Wega, der zu tanzen begann, leichtfüßig und elegant, wie ein Wesen der Natur, sodass mir mein Mund geradezu aufklappte. Er war schon immer sehr, sehr schön gewesen, zugegeben wo ich ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte ich hauptsächlich das wohlgeformte Hinterteil erblicken dürfen, aber während er tanzte war er geradezu magisch. Jede Bewegung wirkte perfekt platziert und eine leise Stimme in meinem Hinterkopf sagte mir, dass es mehr als das war, aber ich konnte nicht genau meinen Finger darauf legen, während ich ihn vollkommen fasziniert beobachtete, um keine Sekunde davon zu verpassen. Vollkommen gedankenverloren drückte ich auch einen der anderen Söldner direkt vor mir wieder nach unten, damit er mir nicht die Sicht verdeckte, auch wenn er sich noch so beschwerte.

Ich hatte meine Umgebung völlig vergessen, all die Wesen um mich herum, all die Blicke auf mir, ich fühlte die Musik, ich atnete deb Rhythmus, jeder Schritt saß, eine Bewegung ging in die nächste über. Erst, als die Musik langsam verklang kam ich wieder zum Stillstand, um mich herum sprossen Pilze in einem perfekten Kreis aus dem Boden, selbst an Stellen an denen dieser keine Nährstoffe für deren Wachstum bot. Ich ließ die Augen für einige Momente länger geschlossen und atmete nur ruhig, während die ersten aus ihrer Trance erwachten, jedenfalls jene die in einer gewesen waren, und zu applaudieren begannen. Allerdings betraf die Begeisterung natürlich nicht alle, es gab immer Wesen, die keinen Sinn für meinen Tanz hatten, so wie nun auch der breite Mann, der von mir unbemerkt näher trat, ein Drache in seiner menschlichen Form, zwei Hörner auf seinem Kopf sprachen davon, er hatte ein Messer gezogen und fiel in der eben erst wieder auflebenden Masse kaum auf, ich bemerkte ihn jedenfalls nicht, bis ich hinter mir einen Luftzug spürte und instinktiv eine Bewegung nach vorne machte. Statt mir nun also das Messer in den Rücken zu stoßen, schlitzte der Mann ihn mir nur etwas auf und zerstörte damit mein Hemd und meine Weste. Knapp nur verfehlte er dabei meine Flügel, die Klinge schrammte nur wenige Milimeter an ihnen vorbei. Ich drehte mich herum und machte einen Satz zurück, ich spürte warmes Blut meinen Rücken hinabrinnen, aber auch die kühlere Luft, die an meine Flügel drang. Ich wollte den Drachen nur zu gerne einen meiner Dolche in die Kehle rammen, aber in meinem Kopf schrillten zu laut die Alarmglocken. Man konnte meine Flügel sehen, wenn man genau hinsah. Niemand durfte sie sehen, auf gar keinen Fall, zudem war ich verletzt, das versetzte mich zusätzlich in Panik, wie ein Tier, das in die Ecke gedrängt wurde. Statt also etwas zu sagen oder zu tun wandte ich mich plötzlich zur Seite und sprintete in die Menge, ich sprang förmlich zwischen ihnen hindurch, mit den Augen nach einem sichereren Ort suchend, doch alles was ich fand war eine der Kojen in denen hinter Vorhängen so manche Schandtat vollbracht wurde. Diese hier war aber gerade leer, also machte ich einen Satz hinein.

Laut grölte und klatschte ich vor lauter Begeisterung, kaum war der Tanz vorbei, auch wenn ich mir gleich einen nächsten wünschte, doch bevor ich etwas dergleichen quer durch den Raum schreien konnte, passierte etwas, womit ich mein besten Willen nicht gerechnet hatte. Wega rannte davon, hinter ihm stand ein Mann mit einem Messer, am liebsten hätte ich ihn persönlich erledigt, aber ich hatte keinen Zweifel, dass sich Mama Madma darum kümmern würde, viel größer war meine Sorge um den davonlaufenden Dunkelelfen, der sich gerade durch die Menge drängte. Ging es ihm gut oder war er verletzt? Ich folgte ihm sofort hinterher, ich war vielleicht langsam, aber als sehr erfahrener Söldner ließ ich mein Ziel nicht außer Augen, bevor wir bei den etwas privateren Kojen ankamen, wo er zwischen einer dieser verschwand. Ich blieb stehen, mit etwas Abstand aber direkt vor der Koje. Wega, was ist passiert?, fragte ich besorgt, bevor ich noch etwas anderes bemerkte, etwas hellblaues und sehr verletzliches, das mich meine Augen weiten ließ, Himmelkreuzdonnerwetter, ist alles in Ordnung bei dir?

Ich fuhr herum, als eine Stimme ertönte, die ich allerdings sofort erkannt hatte. Einar. Natürlich war er hier, war ja klar gewesen, aber warum war er mir gefolgt. Ich sah mich um, kein Ausweg, außer an dem Zwerg vorbei. Mist. Natürlich ist alles in Ordnung. Was soll die blöde Frage? Ich bemerkte selbst wie unruhig meine Stimme war, meine Angst war deutlich als Unterton zu hören. Reiß dich zusammen. Mein Rücken schmerzte und ich wollte nur zu gerne meine Flügel aufbreiten um zu sehen ob sie verletzt waren, aber das ging nicht, sie verstecken konnte ich aber auch nicht, meine Jacke und mein Hemd waren kaputt.

Wega fuhr herum und ich meinte etwas Blut gesehen zu haben, aber ich war mir nicht sicher, er hatte sehr schnell reagiert, und meine Augenbrauen zogen sich nur noch mehr in blanker Sorge zusammen, als ich hörte, wie er sprach, unruhig und ängstlich, es löste sofort etwas in mir aus und ich nahm meine schwere, extrem breite Kapitänsjacke ab und hielt sie ihm hin. Hier, nimm sie, Schönheit., forderte ich ihn besorgt auf, egal was für Fragen ich vielleicht hatte, es war gerade wichtiger, dass er sich beruhigte, denn jemand sollte sich dringend seinen Rücken ansehen, egal ob ihn nun das Messer erwischt hatte oder nicht. Ich hatte theoretisch mehr als genug Erfahrungen mit Verletzungen, aber gerade wirkte Wega nicht so, als wollte er sich mir zeigen, sondern sich eher verstecken, so konnte er zumindest durch die Menge, ohne dass ihn jemand mit offenem Rücken sah.

Vermutlich sollte ich dankbar sein, dass ich noch lebte und die Klinge mich nur gestriffen zu haben schien, aber lieber wäre ich tot, als meine Flügel diesen Aasgeiern zu zeigen, oder sie gar zu verlieren. Ich sah nur einige wenige Momente irritiert aus, ehe ich mir die Jacke einfach schnappte und über die Schultern warf. Ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte atmete ich leicht auf, sowie mein Rücken wieder bedeckt war. Vermutlich hätte ich mich nun bedanken sollen, aber das war weder mein Stil, noch hatte ich jetzt den Kopf dafür. Warum bist du mir gefolgt?

Wega wirkte sogleich deutlich erleichtert, nun wo er meine breite Jacke über seinen Körper geworfen hatte und ich konnte nicht anders, als ihn einen Moment zu betrachten, denn er sah wirklich gut damit aus. Meine Fantasie wollte sogleich wandern, Wega in meiner Kapitänskajüte, aber das ließ ich nicht zu, stattdessen beantwortete ich seine Frage. Nun, mein ursprünglicher Plan war dieses Hörnchen da windelweich zu prügeln... aber ich war mir nicht sicher ob es dir gut geht., antwortete ich vollkommen ehrlich und fügte dann hinzu, Madma wird sich schon um ihn kümmern. Meine extrem buschigen Augenbrauen noch immer zusammengezogen, musterte ich ihn genau. Ich wusste, dass er sich von mir nichts sagen lassen würde, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich zumindest ein bisschen Blut gesehen hatte und ich war besorgt. Du solltest diese Verletzungen ansehen lassen.

Ich zog eine Augenbraue hoch, als Einar mir sagte was ich wissen wollte, allerdings irritierte mich das dann doch etwas. Nicht, dass er den Drachen verprügeln wollte, das konnte ich meinetwegen verstehen, aber, dass er sehen wollte wie es mir ging eher nicht. Allerdings würde Mama Madma sich sicher um den Typen kümmern und ihm kein schönes Ende bereiten, wie er es verdient hatte. Wie du sehen kannst geht es mir sehr gut und ich sollte gar nichts. Ich richtete mich wieder zu meiner vollen Größe auf und wollte an Einar vorbei und hinaus aus der Koje treten, allerdings stolperte ich plötzlich, vermutlich hatte ich in meinem durchaus verwirrtem Zustand irgendein Kissen übersehen, allerdings zurück und nicht nach vorne. Mit einem dumpfen Krachen kollidierte mein Rücken mit der Wand hinter mir und ich stieß einen Schmerzlaut aus, als so viel plötzlicher Druck auf die Verletzung kam. Instinktiv verlagerte ich mein Gewicht wieder nach vorne und breitete die Flügel aus, woraufhin allerdings auch Einars Jacke zu Boden fiel und meine Tarnung völlig verschwand.

Eigentlich hatte ich versucht ihn aufzufangen, aber meine Reflexe waren eben schon lange nicht mehr die besten und mein Griff ging somit ins Leere, während Wega schmerzhaft nach hinten fiel und sich plötzlich seine Flügel vollkommen ausbreiteten. Einen Moment erstarrte ich, während ich sie wie hypnotisiert anstarrte, bevor ich rasch in die Koje trat und den Vorhang hinter mir zuzog, um ihn vor neugierigen Blicken zu schützen. Ich versuchte nicht zu starren und sah stattdessen direkt in Wega's Gesicht, mein Blick nun noch besorgter als zuvor. Denn egal wie schön seine Flügel waren, die Fragen die mir dabei in den Sinn kamen, ich war viel besorgter wegen seiner Verletzung, als Söldner hatte ich zwar schon einiges gesehen, aber er wirkte so zart und zerbrechlich auf mich. Wega, ich kann mir deine Verletzung ansehen, wenn du möchtest., bot ich schließlich vorsichtig an, ich bemerkte gar nicht, dass ich ihn gar nicht "Schönheit" nannte.

Mir waren einige Haarsträhnen ins Gesicht gefallen und durch diese hindurch starrte ich Einar zum einen wütend, aber zum anderen auch eine Spur ängstlich an, selbst wenn ich das nie zugeben würde. Ich liebte meine Flügel über alles, sie waren einer meiner liebsten Teile an mir, aber ich hatte lange gelernt sie keinesfalls zu zeigen, dass Einar sie nun also voll und ganz sah war für mich also eine der schlimmsten Sachen die passieren konnten. Wer wusste schon was der Zwerg mit diesem Wissen nun anstellen würde? Mama Madma hatte ihre schützende Hand über mir, aber würde das wirklich helfen? Einars Worte, die dann aber folgten irritierten mich zusätzlich noch mehr, denn er erwähnte meine Flügel mit keinem Wort, stattdessen kam er wieder zurück zu meiner Verletzung, vielleicht auch nur, um näher heranzukommen und zu sehen ob meine Flügel echt waren? Allerdings brachten mich zwei Dinge dazu zuzustimmen, zum einen der reine logische Fakt, dass ich mich sonst vor einem Spiegel verrenken musste um meine Wunde zu sehen und nicht richtig herankommen würde um etwas für oder gegen sie zu tun, und zum anderen die Tatsache, dass Einar meinen tatsächlichen Namen genannt hatte und nicht einen der Kosenamen, die er bisher sonst verwendet hatte. Ich schwieg eine Weile, knurrte dann aber unwillig und drehte mich herum, damit Einar meinen Rücken sehen konnte. Speziell um die Flügel herum waren immer wieder Narben auf meiner dunklen Haut zu sehen, Erinnerungen an Herren, die sich meine größte Schwäche zu Nutze gemacht hatten, um sich mir gefügig zu machen, oder einfach um mich leiden zu sehen. Wag es ja nicht sie anzufassen. Dass ich damit meine Flügel meinte durfte wohl auch ohne direkte Ansprache klar sein.

Wega wirkte zwar alles andere als willig, aber immerhin tat er das, was ich vorgeschlagen hatte, er ließ mich seine Wunde ansehen. Ich hatte zwar Probleme Wesen nicht einfach so anzufassen, aber ich würde seine Flügel sicherlich nicht anfassen, wenn er das so explizit nicht wollte. Außerdem wirkten sie so filigran und zart, ich traute meinen rauen Händen das war nicht zu. Ich schwöre. Ich betrachtete mir seinen Rücken, die Narben ließen mich die Augenbrauen zusammenziehen, aber ich sagte nichts dazu, während ich den Schnitt betrachtete, ohne Wega überhaupt anzufassen. Es ist nur eine oberflächliche Verletzung, aber ein relativ langer Schnitt. Man sollte ihn auf jeden Fall reinigen und verbinden. Ich zögerte kurz. Wenn du mich lässt, dann komme ich gleich wieder und mache das, ich brauche nur etwas zum reinigen.

Ich hielt meine Flügel so still, dass man fast meinen konnte, sie wären nicht wirklich mit mir verbunden, nur wenn man ganz genau hinsah konnte man sehen, dass sie sich leicht vor und zurück bewegten, als würde ein Windhauch sie erfassen, nur, dass es hier drin selbstverständlich völlig windstill war. Einar fasste mich gar nicht an, was mich wieder etwas beruhigte und ich nickte schließlich nach kurzem Zögern. Fein, von mir aus. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und drehte mich wieder um, so dass meine Flügel nicht mehr direkt vor Einars Nase waren.

Wega stimmte dankbarerweise sogar zu und ich nickte schnell, bevor ich aus der Koje verschwand, zum Glück wurden diese nur selten betreten, wenn der Vorhang zugezogen war, das wusste ich durchaus aus Erfahrung, ich hatte hier doch einige schöne Stunden verbracht, wenn auch vollkommen anders als gerade das hier. Denn egal wie viel ich flirtete, ich kümmerte mich, ich kümmerte mich um meine Familie, um meine Crew, um meine Freunde, eigentlich um jeden. Ich suchte also die nächste Bedienung und bat sie um etwas sauberes Wasser und ein Tuch, den Rest hatte ich selbst, ich war immerhin ein Söldner und Verletzungen gehörten quasi zum Beruf. Einen meiner Kollegen wimmelte ich ab, mit einem typisch frechen Spruch, dass ich etwas "Privatsphäre" brauchte, er lachte nur und klopfte mir mit einem zweideutigen Spruch auf den Rücken, aber stellte keine weiteren Fragen, dazu meinte er mich zu gut zu kennen. Ich kehrte also wieder zurück, alles was ich brauchte bei mir und betrat schnell wieder die Koje durch den Vorhang. Wega?

Ich wartete bis Einar aus der Koje getreten war und ließ mich dann auf die Knie sinken. Es war weniger der Schmerz meiner Verletzung, die dafür sorgte, dass ich mich setzen musste, es war viel eher der Schock darüber nicht nur unerwartet attackiert worden zu sein, an einem Ort an dem ich normalerweise ziemlich sicher war und der Schrecken darüber jemandem meine Flügel gezeigt zu haben. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut. Reiß dich zusammen. Ich nahm einige gezielt tiefe Atemzüge und tastete nach meinen Dolchen. Sollte Einar auch nur versuchen irgendetwas mit meinen Flügeln anzustellen, oder dieses Wissen irgendwann auszunutzen, ich würde nicht zögern ihn auf der Stelle zu töten, die Konsequenzen dieser Tat wären mir dann doch völlig egal. Einar kaum unerwartet rasch wieder zurück und ich riss den Kopf hoch, als er durch den Vorhang trat. Ich flatterte mit den Flügeln und erhob mich damit rasch von den Knien. Ich ließ ein unwilliges Grummeln hören und setzte mich dann auf einen der sehr weichen Stühle, mit dem Rücken zu Einar, die Lehne seitlich neben mir.

Zwar war ich nicht mehr der schnellste, aber ich hatte mich trotzdem beeilt, Wega war zum Glück allerdings noch an Ort und Stelle und mein Blick glitt beinahe automatisch zu seinen wunderschönen Flügeln, als sie sich bewegten, jedoch sah ich dann sofort auf seinen Rücken, wo sich auch die Verletzung befand. Sie hatte bereits aufgehört stark zu bluten, aber dennoch war so etwas nicht zu unterschätzen, als jemand, der viel mit seinem Körper arbeitete, wusste man das, man musste ihn pflegen und achten. Das könnte etwas brennen., warnte ich Wega vor, bevor ich ihn anfasste und begann dann vorsichtig die Schnittwunde zu reinigen, meine Hände hatte ich mir natürlich vorher gewaschen, sie waren zur Abwechslung also vollkommen sauber.