Ich fand mich vor einer der privaten Kojen wieder, einer der wenigen die gerade in Gebrauch waren ominöser Weise, vielleicht war es einfach noch nicht spät genug dafür. Wie dem auch sei, ich hörte Gelächter hinter dem dicken Vorhang, nachdem ich ein deutliches Klatschen gehört hatte. Ich besaß wenig Anstand was das anging, also ging ich näher heran und lauschte ob ich auch Worte verstehen konnte. Das schaffte ich auch tatsächlich und das Wort das ich vernahm ließ Wut in mir hochsteigen. "Mischlinge". Das war ein Wort auf das ich ganz empfindlich reagierte, auch wenn natürlich keiner wusste wieso. Es klang so herabsetzend für jene die so waren wie ich und von denen viele nur darunter zu leiden hatten was ihre Eltern oder andere Vorfahren getrieben hatten. Ehe ich es wirklich bemerkte hatte ich Dusk in der Hand und als eine der Personen drinnen so dumm war herauszukommen, wodurch ich einen Blick auf das Innere der Koje erhaschte, verlor ich völlig die Beherrschung. Kaum glitt der Vorhang hinter dem Mann zu, es war derjenige, der den blonden Jüngling begleitet hatte, der dort drinnen nun in Bedrängnis war, rammte ich ihm ohne jede Vorwarnung die Obsidianklinge in den Bauch. Selbst wenn er nicht an dem gut gezielten Stoß sterben sollte, so würde ihn das Gift vernichten, das Dusk abgab. Ich zog auch noch Dawn aus seinem Versteck und trat dann in die Koje ein.

Der Mann ließ nicht von mir ab, sondern fuhr mit einer seiner Hände nun hoch, um mir den Mund zu verdecken, den ich gerade geöffnet hatte, um verzweifelt zu versuchen zu schreien, das brachte also nichts, stattdessen hörte man nur dumpfe Geräusche hinter seiner Hand hervor, während seine andere nun meinen Hals packte. "Na na, nicht schreien, ich habe gehört Nymphen singen doch so schön." Ich spürte seinen viel zu warmen Atem auf meinem Gesicht. "Wobei ich mir dafür auch ganz andere Nutzen vorstellen kann." Ich röchelte hinter seiner Hand, während ich den Druck auf meinem Hals spürte, viel zu intensiv, aber zugleich war alles so dumpf und so weit weg, ich versuchte zu strampeln, ohne Erfolg, bevor ich kraftlos meine Hände hob und versuchte an meine Halskette heranzukommen, aber auch das wurde mir verwehrt, mit einem erneuten Schlag ins Gesicht. "Schön, wie eine Fee, aber genauso dumm vermutlich. Sicher, dass er so viel Menschenblut hat?", kommentierte eine weibliche Stimme von hinten und mir wurde wirklich schlecht, nicht dass das den Mann vor mir interessiert hätte, denn dieser vernachlässigte den Druck auf meinem Hals etwas, aber nur um mir über die Wange zu lecken, um meine Tränen zu probieren, was mir endgültig den Magen umdrehte, ich hatte das Gefühl, ich müsste mich übergeben, aber zugleich war meine Kehle trocken und wie zugeschnürt. Er hob auch sein Bein, um es zwischen meine Beine zu drücken, ich wimmerte nur noch, vollkommen verzweifelt. "Iain...", hörte man plötzlich Collins leise Stimme, bevor er noch mit dem Vorhang in der Hand zu Boden sackte. Das brachte den Mann, der mich noch immer festhielt, allerdings dazu, sich umzudrehen, er schien wenig schockiert über das Zusammensacken seines Kumpanen, als hätte er beinahe damit gerechnet, dass jemand Collin umbringen wollen würde. "Was machst du hier, Spitzohr? Wir werden dich nicht aufhalten, wir haben lieber anders unseren Spaß... oder möchtest du mitmachen?"

Ich hörte was gesagt wurde und mein rechtes Auge zuckte, als sich die schleimige Stimme des Mannes, der den jungen Mann gegen die Wand gepresst hielt, an mich richtete. Seine rassistischen Bemerkungen ließen die Wut in mir hochkochen, doch das war kaum noch nötig, denn nun wo ich die gesamte Situation überblicken konnte verlor ich völlig die Beherrschung. Ich reagierte sehr empfindlich auf diese Art von Gewalt, auch darauf, wenn jemand Spaß daran hatte andere zu unterdrücken, aber speziell auf das was diese Leute hier vorhatten. Oder ihr könnt bei meinem Spiel mitmachen, es heißt: Schneide den Arschlöchern die Schwänze ab. Bei den weiblichen Wesen hier würde mir schon auch etwas einfallen. Hinter mir fiel der Vorhang zu und ich stürzte vor, meine Dolche wirbelten nur so in meinen Händen. ich sprang von Person zu Person und richtete ein regelrechtes Massaker an, einen nach dem anderen schnitt ich auf und die Flammen meiner Dolche taten den Rest, bis ich endlich hinter dem Mann stand, der den jungen Mann so fest hielt und ihm von hinten gleich beide Dolche in den Rücken stieß. Warum glauben Arschlöcher wie du immer, dass sie davon kommen werden. Ich flüsterte diese Worte dunkel in sein Ohr und ließ ihn dann achtlos zu Boden fallen, Dusk und Dawn glänzten voller Blut, ich würde sie nachher gründlich reinigen müssen.

Zu meinem großen Glück vielleicht war ich viel zu zugedröhnt, von was auch immer, um überhaupt etwas davon mitzubekommen, was für ein Massaker um mich herum veranstaltet wurde, der Raum drehte sich, mir war schlecht, es fühlte sich an, als wären überall Hände auf mir, die mich berühren wollten, auch wenn ich es nicht wollte und ich wusste nicht einmal, welche davon echt und welche nur Einbildung waren. Doch plötzlich verschwand das Bein zwischen den meinen und die Hände, die mich festgehalten hatten, während der Mann von zuvor wie ein nasser Sacke nach hinten fiel und ich die Wand entlang zu Boden rutschte, wie eine leblose Puppe. Viel zu spät erst realisierte ich, wer mich gerettet hatte, der Dunkelelf, der uns zuvor auch bedient hatte und ich schluchzte auf, ich hatte die Beherrschung über meinen Körper einfach nicht wieder.

Ich trat den Mann vor mir angewidert aus dem Weg, um an den blonden Jüngling heranzukommen, der nun schluchzend am Boden kauerte. Ich würde es nie offen zugeben, aber er tat mir leid, ein solches Erlebnis war traumatisierend und begleitete einen sein ganzes Leben lang. Ich ging vor dem jungen Mann in die Hocke, allerdings mit genug Abstand zwischen uns, dass er sich nicht bedrängt fühlte, das hoffte ich jedenfalls, nachdem ich meine Dolche weggesteckt hatte. Ich musterte ihn kurz und schnippte dann vor seinem Gesicht mit den Fingern, mir schien es ja so als hätte er irgendetwas genommen, oder viel mehr, als wäre ihm etwas verabreicht worden, er wirkte wesentlich schwächer als zuvor, als ich ihm sein Getränk gebracht hatte. Hey, Kleiner, sieh mich an.

Ein Schnippen ertönte und ich zuckte zusammen, als ich mich das erste Mal wieder richtig auf etwas anderes fokussierte, ich war zuvor wie in meinem eigenen Körper eingesperrt gewesen, auch jetzt fühlte es sich noch immer so an, als ob seine Hände überall waren, wahrscheinlich waren sie das auch, zumindest die Abdrücke. Bevor ich noch selber ganz wusste, wie mir geschah, agierte mein Körper auch schon für mich und mit gefühlt letzter Kraft katapultierte ich mich förmlich nach vorne und warf dem Dunkelelfen meine Arme Sicherheit suchend um seinen Hals. Ich kannte noch nicht einmal seinen Namen, aber ich fühlte mich unglaublich schwach und dreckig, ich wollte nichts lieber, als einfach bei jemandem zu sein, der mich beschützt hatte. Mein Mantel lag unter mir am Boden, meine schöne Kleidung nun deutlich sichtbar, aber es war nichts, das ich gerade irgendwie ändern könnte.

Woha, was zum fick? Plötzlich hatte ich einen Arm voll von dem jungen Mann und fiel durch die Wucht seines Aufpralls fast nach hinten um. Trotzdem schlang ich instinktiv selbst die Arme um den schlanken Körper und hielt ihn fest. Nun sah ich auch wirklich wie der junge Mann gekleidet war, in feinstes Tuch, sicherlich sehr teuer, der Junge war eindeutig adeliger Herkunft, und sein Haar hatte wirklich beinahe die Farbe von Gold. Okay, uhm, schon gut Kleiner. Ich war mir nicht recht sicher was ich tun sollte, aber vermutlich war es das beste den Jungen erst einmal soweit zu beruhigen, dass er mir irgendetwas sinnvolles mitteilen konnte, etwa seinen Namen oder wohin ich ihn schleppen konnte, damit wir nicht weiter in einer Pfütze voll Blut knieten. Die einzige sichere Lösung dafür die mir einfiel war meine eigene Stimme, auf deren beruhigende Wirkung ich stehts zählen konnte, ich musste nur aufpassen, andere konnten ihr auch zu sehr verfallen. Ich begann also erst zu summen und dann leise zu singen, ein altes Wiegelied, das ich vor vielen, vielen Jahren in Gefangenschaft gelernt hatte, die Sammlung von der ich Teil gewesen war hatte zwei Sphinxe beinhaltet, Vater und Tochter. Ich fragte mich was wohl mit ihnen passiert sein mochte.

Mein ganzer Körper zitterte und ich war so erleichtert, als er seine Arme um mich schlang, denn es war so, als könnte ich regelrecht seine Absichten durch seine Berührung spüren und sie waren so ganz anders als die der maskierten Leute zuvor. Ich wollte mich eigentlich bedanken, aber als ich meinen Mund öffnete, kam wieder nur ein Schluchzen heraus, auch meine Umgebung bekam ich kaum mit, während ich wie ein Ertrinkender jeden Halt suchte, den ich bekommen konnte. Mein Atem ging noch immer viel zu schnell und alles schien sich zu drehen, bevor ich plötzlich erstaunt feststellte, dass der Dunkelelf begonnen hatte zu summen und schlussendlich dann auch begann leise zu singen. Zuerst fiel es mir noch schwer, mich darauf wirklich zu konzentrieren, doch nach und nach konnte ich dem Lied folgen, es erinnerte mich ein wenig daran, wie meine Mutter früher zu uns gesungen hatte, und es gelang mir endlich immer weniger und leiser zu schluchzen, bevor ich schließlich damit aufhörte und Stück für Stück auch immer etwas langsamer atmete, bis das Lied schließlich endete und ich die Augen schloss. Du bist in Sicherheit.

Meine Taktik funktionierte, der junge Mann hörte auf zu weinen und ich spürte durch unseren engen Kontakt hindurch, dass sich auch sein Atem beruhigte. Das Lied endete und ich ließ ein paar Sekunden verstreichen, ehe ich dem Jüngling eine Hand aufs Haar legte und leise begann zu sprechen. Okay Kleiner, fangen wir von vorne an. Ich bin Wega, wie heißt du?

Ganz leicht nur zuckte ich zusammen, als ich die Hand auf meinen Haaren spürte, aber eigentlich war es ein sehr angenehmes Gefühl, beruhigend. Ich öffnete meine Augen langsam wieder, aber ich vergrub mein Gesicht in seiner Schulter, denn der Geruch von Blut war schon genug, auch wenn meine Sicht noch leicht verschwommen war, ich wollte lieber auch gar nicht zu sehr versuchen genauer hinzusehen. Wega, jetzt kannte ich also den Namen von meinem Retter. A-Aurelien., gab ich dann zögerlich von mir, es fiel mir schwer generell zu sprechen, aber ich wusste auch, dass mein Name nicht allzu verbreitet war und es so einfach war mich als Kronprinz zu verraten.

Sein Name war Aurelien und er war ein Adliger, der Sprung zum Schluss, dass er der viel besprochene Kronprinz unseres Landes war, war kein besonders großer. Der Kronprinz in einer solchen Situation und nun auch noch in meinen Armen. Das war äußerst ungünstig. Aber gut, zunächst einmal musste Aurelien hier weg, Mama Madma würde ich die Sauerei später noch erklären, sie würde es verstehen, das bezweifelte ich nicht, vielleicht würde sie mich sogar auch decken, je nach dem was Aurelien noch vorhatte in diese Richtung zu tun. Aber das war ein Thema für ein anderes mal. Ich strich Aurelien wieder durch die seidigen Haare und nickte. In Ordnung Aurelien. Wie fühlst du dich? Ich weiß, furchtbar, aber mal rein körperlich.

Selbst wenn er wahrscheinlich ganz genau wusste, wer ich war, zumindest außer er war vollkommen neu in diesen Landen oder hatte lange abgeschieden gelebt, so ließ er es sich zumindest nicht anmerken und ich war ihm so unglaublich dankbar dafür. Ich konnte inzwischen wieder zumindest ein wenig klarer denken, weshalb mir auch bewusst wurde, dass mich diese maskierten Wesen wahrscheinlich wirklich genau deswegen gewollt hatten. Weil ich der Prinz war, vielleicht aus Rache, als Revanche oder einfach nur aus reiner Verdorbenheit. Schwach., entgegnete ich mit leiser Stimme, Mein Kopf dreht sich, meine Sicht ist nicht ganz klar, mein- es- es tut weh. Es war schwierig nicht wieder zu weinen zu beginnen, aber ich biss durch. Ich spürte noch immer deutlich, wo seine Hände zuvor zugedrückt hatten und es machte mich krank. Ich glaube, e-er hat mir irgendetwas gegeben.

Ja, klingt danach. Ich weiß es fühlt sich echt scheiße an, aber das wird wieder. Hör mir gut zu Aurelien, du musst dich übergeben um den Mist aus deinem System zu kriegen. Schaffst du das alleine oder brauchst du Hilfe? Sich selbst übergeben zu müssen war unangenehm, mehr sogar als das, aber was solche Substanzen anging durfte man nicht lange zögern und bis ich Aurelien nach draußen und zu einem Heiler geschleppt hatte konnte schon zu viel Zeit vergangen sein.

Theoretisch wusste ich das, irgendwo, weit hinten in meinem Gehirn, aber ich wollte nicht. Ich fühlte mich schwach und ich wollte nicht einmal zu sehr einatmen, denn schlecht war mir schon zur Genüge, besonders mit dem Blutgeruch, der immer penetranter in der Luft wurde. Trotzdem schaffte ich es mich wacker wieder von Wega zu lösen, denn ich wollte nicht, dass er mir dabei zusehen musste. I-Ich kann das., sagte ich zittrig und sah ihn bittend an, ich wollte nicht alleine sein müssen, K-Können wir nachher gehen? Ich wollte aber auch noch weniger hier sein, ich schaffte sowieso nur ein paar Schritte in die Ecke, bevor es mir auch schon zu viel wurde und durch den wirklich üblen Geruch in der Luft, meiner allgemeinen Verfassung und den Erlebnissen zuvor, war es nicht gerade schwierig sich zum Übergeben zu bringen. Es machte nun sowieso keinen Unterschied mehr, überall waren Blutspuren, aber ich stolperte auch gleich wieder einige Schritte zurück, um möglichst viel Abstand zwischen mich und die Leichen zu bringen.

Gut. Wenn du fertig bist bringe ich dich Nachhause. Viel mehr anderes konnte ich für den Jungen nicht tun, jedenfalls wusste ich nichts, ich hatte ihm schon den Hintern gerettet und nun vermieden wir hier hoffentlich auch noch etwaige schlimmere Nebenwirkungen der Substanz, die ihm verabreicht worden war. Ich stand selbst auch auf und nutzte die Chance eben um den Mann von draußen auch herein zu ziehen, damit hierauf nicht noch mehr Aufmerksamkeit gelenkt wurde. Dann trat ich wieder an den jungen Mann heran, der gerade zurück stolperte, nachdem er sich folgsam übergeben hatte. Okay Kleiner, jetzt ziehst du dir deinen Mantel an und dann verschwinden wir hier. Der Mantel lag zusammengefallen am Boden, mit etwas Glück war er noch halbwegs sauber. Ich ging ohne auch nur eine Miene zu verziehen zwischen den Leichen hindurch, als wären sie gar nicht da, und holte das Kleidungsstück.