Gegen Diego zu kämpfen war wie immer extrem frustrierend für mich, noch frustrierender als gegen den Dschinn, denn bei diesem war es klar gewesen, dass es ein unfairer Kampf war, aber Diego war wie ich, nur kämpferisch... besser, zumindest mit seinem verdammten Schwert. Ich wurde immer fahrlässiger und ungeduldiger, steckte mehr Schläge ein, als ich musste, während ich meine Axt wieder und wieder so schnell wie nur möglich auf ihn niedersausen ließ, aber kaum ein Ziel finden konnte. Schließlich erwischte er mich ziemlich übel auf der Seite und ich knickte ein, mein Griff lockerte sich dabei ohne mein Zutun, die Axt verrutschte mir leicht und ich konnte nicht sofort wieder ausholen, da ich es nicht richtig schaffte sie wieder aus dem doch durch den Frost ziemlich harten Boden zu ziehen.

Es war kein einfacher Kampf, bei weitem nicht, Gorn war ein extrem guter Ritter der mit Können und Kraft zuschlug, aber ich kannte ihn in und auswendig, wie er ja auch mich, und ich kannte seine Schwächen beinahe besser noch als meine eigenen. Ich wusste wie er sich bewegte, wie seine Taktiken aussahen und ich wusste auch wann ich bei ihm eine Öffnung sah, die ich nutzen konnte. Die wenigen Momente in denen Gorn nach einem Treffer unaufmerksam war, in denen er zu lange brauchte um seine Axt wieder zu heben, nutzte ich und schoss vor. Ich knallte den Knauf meines Schwertes gegen die Schläfe meines besten Freundes um ihn bewusstlos zu schlagen und en Kampf so zu gewinnen.

Es war noch eine gnädige Aktion, mit der Diego mich hier bedachte, vielleicht weil wir aus demselben Königreich waren, wegen unserer gemeinsamen Kindheit oder auch tatsächlich, weil er mein bester Freund war, aber keiner von uns würde es je zugeben. Der Kampf war spannend verlaufen und hatte lange gedauert, ich war bereits der Erschöpfung nahe gewesen, mein Kampfstil verbrauchte extrem viel Kraft, als mir Diego auch noch die restlichen Lichter ausknipste. Ich sackte zu Boden und wurde auf einer Trage zur Seite transportiert, provisorisch verpflegt und dann dort bei den anderen nicht zu ernsthaft verletzten Kämpfern des Julturniers liegen gelassen. Einige Momente später erwachte ich bereits, einige unserer Freunde hatten sich tatsächlich um mich herum versammelt.

Aurelias Schmunzeln war mir nicht entgangen, doch mir war gerade überhaupt nicht zum Lächeln zumute, während ich schwer schluckte und das Ende des Kampfes der beiden unglaublich talentierten Ritter aus dem Königreich Elsweyr betrachtete. Der eine musste eine Kraft gaben wie ein starker Bär, während der andere geschickt und flink vorging, wie ein listiger Fuchs. Es wurde nun aber Zeit für den letzten Zweikampf, für den heutigen Tag, und ich war an der Reihe. Festen Schrittes, auch wenn ich mich doch überhaupt nicht danach fühlte, ging ich also in die Mitte, während der letzte Kampf noch einmal absichtlich pompös angesagt wurde, wobei natürlich betont wurde, dass sich ausgerechnet die beiden Königreiche duellieren würden und, offenbar noch viel wichtiger, der Kronprinz selbst. Ich neigte meinen Kopf respektvoll vor dem Ritter, Diego aus Elsweyr. Es ist mir eine Ehre gegen Euch zu kämpfen., grüßte ich ihn, noch während die Menge jubelte, Auf einen fairen Kampf!

Gorn fiel zu Boden wie ein sack Kartoffeln und ich achtete nicht weiter auf ihn, stattdessen war ich darauf bedacht meine Arme wieder etwas zu lockern und die kurze Ruhepause so gut wie möglich zu nutzen um wieder etwas Kraft zu tanken, die ich brauchen würde um nun auch noch Aurelien nieder zu mähen, was einzig mein Plan war. Der Kornprinz trat auch bald auf den Plan, die Ansagen waren laut und übertrieben, doch ich ignorierte sie, stattdessen fixierte ich meinen Blick auf Aurelien, wie ein Raubtier seine Beute. Ich bin gespannt wie viel Ehre du noch im Leib hast, wenn du verblutend am Boden liegst, Prinzchen. Während ich solche Reden außerhalb dieses Platzes nie so frei schwingen hätte können, da ich sonst von der königlichen Wache niedergemacht worden wäre, konnte ich das hier ganz einfach tun, hier wo es niemand sonst hören konnte. Ich wartete bis das Startsignal kam und während es noch nicht einmal ganz vorbei war ging ich direkt zum Angriff über, mein Langschwert in großen, mächtigen Zügen schwingend. ich hatte noch einiges an Kraftreserven, im Gegensatz zu Gorn brauchte ich nicht mit jedem Schwung dermaßen viel Kraft und ich arbeitete doch auch mit Köpfchen, nicht nur mit Muskeln.

W-Wie bitte? Deutlich erschrocken über zum einen die direkte Anrede und zum anderen die absolute Drohung, die der Ritter des anderen Königreiches ausgesprochen hatte, ich sah mich um, aber natürlich hatte diese niemand anderer außer mir gehört, und dann gleich wieder zu ihm, als auch im nächsten Moment schon das Zeichen zum Beginn gegeben wurde und ich mit Mühe den ersten Angriff parierte. Zuerst lief es eigentlich noch ganz gut, aber man bemerkte, wie angespannt ich war, alleine durch die Drohung und dass es das letzte Duell war, nachdem ich bereits einmal gekämpft hatte. Ich bemerkte sofort, dass Diego extrem taktisch vorging, aber nicht nur das, sondern dass er auch deutlich gefährliche Angriffe machte, die einen anderen mehr als nur bedrohlich verletzen konnten, als angehender Heiler kannte ich mich da noch einmal besser aus. Ich musste einige Schritte nach hinten machen, um überhaupt die Chance zu haben hier und da angreifen zu können, aber man merkte, wie er mir nicht nur in Kraft sondern auch Erfahrung überlegen war und sich auch kein einziges Stück zurückhielt.

Aurelien war noch sehr jung, das sah man nicht nur an seinem Gesicht und seiner Haltung, sondern auch daran wie er kämpfte. Er war gut, keine Frage, aber es fehlte ihm an Erfahrung und auch dem Willen zu Töten, der mein halbes Sein ausmachte. Ich war bereit dem Kronprinz von Illaemor in diesem Kampf das Leben zu nehmen und das zeigte sich deutlich in jedem Angriff den ich tätigte. Ich war ein Ritter der einzig wahren Königin, für sie hatte ich schon hunderte von Leben beendet, ein weiteres interessierte mich nicht im geringsten, zumal es ein schöner Schlag gegen Illaemor wäre ihnen ihren Kronprinz zu nehmen, ihn auch nur zu verstümmeln. Er machte es mir nicht leicht, aber das hatte ich mir auch nicht erwartet, zudem etwas anderes mich sehr beleidigt hätte, aber in meinen Augen hatte er keinerlei Chance gegen mich. Ich wehrte seine Angriffe ab, oder wich aus, während ich mich darum bemühte ihn in eine Ecke zu drängen, wie ein Tier, das ich erlegen wollte.

Bevor Aureliens Kampf begann steckte ich mein Skizzenbuch wieder weg und richtete meine Aufmerksamkeit zum Geschehen. Anfangs konnte er sich nich gut verteidigen aber mir viel auch schnell auf das er dem anderen Ritter, Diego hieß er?, leider in Kraft und Erfahrung unterlegen war. Zudem sah es ganz so aus als wollte dieser Mann Aurelien töten oder zumindest schwer verletzten.
Die Sorge um meinen Bruder spiegelte sich immer mehr in meinem Gesicht wieder und ich rutschte unruhig auf meinem Sitz hin und her. Mutter bemerkte dies und Griff nach meiner Hand, drückte diese beruhigend. Das half ein wenig aber ich konnte spüren das ihre Sorge ebenfalls wuchs. Also griff ich ihre Hand fester und sah mit wachsender Anspannung dem Kampf zu.

Ich nickte nur und sah dem weiteren Kampfverlauf zu. Faqir schlug sich in der "Aufwärmrude" wie zu erwarten gut und auch das Lanzenstechen gewann er. Dass Padpa plötzlich loseilte, um sein Reittier, einen Strauß, von nahem zu betrachten, überraschte sogar mich, doch zum Glück hielt sie eine andere Wache auf. "Padpa, du sollst nicht einfach losrennen." ermahnte ich sie, ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder den Kämpfenden widmete. Faqir schien dann gegen einen Ritter aus unserem Land zu kämpfen...und dann fiel mir auch wieder dessen Name ein. Gorn. Ich hatte noch kaum etwas mit ihm zu tun gehabt und war auch froh darüber. Zunächst schien Faqir auch hier sich ganz gut zu schlagen...als er durch einen relativ kleinen Schnitt plötzlich zusammenbrach. "Gift!" Ich war überrascht und zornig zugleich. Aber gut, dagegen stand wohl nichts in den Regeln...trotzdem ärgerte es mich ein wenig, dass er verloren hatte. Wie zu erwarten reagierte Padpa erst, als Faqir bereits von Ärzten fortgebracht worden war. Als sie sogar weinte, legte ich in dem Versuch, sie etwas zu beruhigen, einen Arm um ihre Schulter und zog sie etwas näher zu mir. "Na komm, nicht weinen. Dass würde Faqir sicher nicht wollen. Er hat tapfer und edel gekämpft. Wir sollten stolz sein, dass er sich so gut geschlagen hat." sprach ich so sanft wie möglich.

Ich schluchzte gegen Gozukis Seite, an der ich mein Gesicht noch zusätzlich verbarg und konnte mich erst gar nicht beruhigen, erst langsam, als die Erkenntnis rein kam, dass Faqir das Gift überlebt hatte versiegten meine Tränen wieder. In der Zwischenzeit war der Ritter, der Faqir ausgeschaltet hatte selbst ausgeschieden und der Kampf zwischen einem unserer Ritter und dem Kronprinzen von Illaemor hatte begonnen, das Finale des Turniers. Sowas unfaires. Ich schniefte und trocknete mir die Tränen mit einem Zipfel meines wärmenden Umhangs. Faqir wird die Verwundung gut überstehen. Wie erleichternd. Trotzdem ungerecht.

Zwar bemerkte ich, dass Diego mich immer weiter und weiter zurückdrängte, aber ich konnte kaum etwas dagegen tun, ich wagte zwar tatsächlich zwei ziemlich mutige Angriffe, aber musste dann doch wieder zurückweichen, als ich es gleich doppelt so stark zurückbekam. Er war gut, so viel stand jedenfalls fest, außerdem schwebte mir doch ein wenig die Angst vor Augen, er könnte seine Drohung ernstgemeint haben, auch wenn ich mich wirklich versuchte nicht davon verunsichern zu lassen. Schließlich waren nur mehr wenige Schritte zwischen der Absperrung zum Publikum und meinem Rücken, wir befanden uns nun ziemlich in der Ecke des Platzes, und ich musste entweder bald aufgeben oder ein waghalsiges Manöver wagen, also entschied ich mich für letzteres und versuchte einen Angriff mit meinem breiten Schwert von unten gegen seine Beine.

Ich dachte nicht nach und handelte nur, als ich Aurelien endlich in der Ecke hatte, er aber versuchte auszubrechen. Ich wollte ihn nicht freigeben und zurück weichen, aber ich wollte natürlich auch meine Beine nicht verlieren. Im Bruchteil einer Sekunde hatte ich ein Messer in der Hand, das ich dabei hatte, nicht eben meine Waffe der Wahl, aber es war nützlich, mit dem ich Aurelien allerdings nicht die Kehle aufschlitzte, sondern, einfach weil es lustiger war vielleicht, mit der stumpfen Seite fest gegen die Kehle hieb, um ihm den Atem zu nehmen und auch seinen Angriff zu unterbrechen natürlich.

Etwas stumpfes kollidierte hart mit meiner Kehle und theoretisch wusste ich, dass ich wohl dankbar sein sollte, hier und jetzt nicht die Kehle aufgeschlitzt bekommen zu haben, aber trotzdem begann ich zu würgen und zu husten, als ich das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Er hatte gut gezielt, es fühlte sich an, als würde ich hier und jetzt ersticken, aber noch viel schlimmer, es ließ einige Bilder hinter meinem inneren Auge aufblitzen, die ich lieber verdrängen wollte. Ich fühlte mich wie damals, hilflos und jemandem vollkommen ausgesetzt, während sich plötzlich ohne mein Zutun meine Magie in mir loslöste und ein schimmerndes, helles Schutzschild um mich herumbildete, das Diego mit gewaltiger Macht zurückstieß, während ich in mich zusammensackte.

Mein Plan war erfolgreich gewesen, zu erfolgreich vielleicht wie sich herausstellen sollte. Aureliens Angriff wurde unterbrochen und ich wollte gerade zum letzten Schlag ausholen, als mich etwas schimmerndes mit voller Wucht traf und von dem Kronprinzen wegschleuderte. Ich prallte hart auf den eisigen Boden auf und schlitterte noch ein paar Meter dank meiner eisernen Rüstung. Einige Momente blieb mir der Atem weg und ich brauchte etwas um mich überhaupt wieder aufsetzen zu können. Mein Schwert war mir aus der Hand geflogen, doch ich würde es nicht mehr brauchen, denn wie ich über die Ankündigung erfuhr war Aurelien ausgeschieden, er hatte nicht nur seine Magie eingesetzt, sondern er war auch zusammengebrochen. Ächzend brachte ich mich wieder auf die Füße, verbeugte mich unter teilweisem gejubel, aber vermehrten Buhrufen einzig vor meiner geliebten Königin, und ging dann als Sieger vom Platz.

Disqualifiziert, der Scham der in mir aufstieg, war riesig, während ich mich so elegant wie möglich erhob und den Schauplatz verließ, ich drängte mich durch die erste Menge hindurch und blieb deutlich weiter hinten stehen, ich hatte niemanden angesehen, alle Geräusche hörte ich wie weit entfernt, durch Watte hindurch, ich bekam das alles nicht so wirklich mit, gerade wollte ich am liebsten nur alleine sein, bloß weg von dieser ganzen Masse, obwohl ich wusste, dass eigentlich nichts mehr war, auch dass zuvor nichts schlimmes gewesen war, hatte ich noch immer das Gefühl, einfach nicht wirklich Luft zu bekommen. Mein Schwert, das zu Boden gefallen war, hatten irgendwelche Knappen aus unserem Königshaus in Verwahrung genommen, aber daran konnte ich gerade nicht einmal ansatzweise denken.