Mit einer gewissen jugendlichen Faszination beobachtete ich den Zentauren, wie er mit der Wunde so selbstverständlich umging, so vollkommen anders als die Hofheiler im Schloss, rein mit Materialien aus der Natur. Ich zog scharf die Luft ein, als er die Masse auf die Wunde drückte, aber ich biss die Zähne zusammen und ließ sonst nichts von mir hören. Ich nickte ihm zu, als er mir mehr oder weniger die Aufforderung gab, ich könnte so wieder nachhause und erhob mich, meine Hände noch immer gut über meinem Schoß liegend. Ich belastete den Fuß nur zögerlich, aber es war definitiv viel besser als zuvor. Dankeschön, wirklich Ihr wart mein Retter in der Not, ich stehe in Eurer Schuld. Ich bin noch nie einem Zentauren begegnet, es ist mir eine große Ehre, ich-, sagte ich, nun tatsächlich mit großer Begeisterung in meinen Augen, doch mein Blick glitt währenddessen zu dem Busch, wo ich meine Kleidung versteckt gehabt hatte, und bevor ich meine Worte noch beenden konnte, wurde ich kreidebleich, M-Meine Kleidung, sie ist weg.

Ich lächelte warm und nickte dem jungen Mann zu, als er aufstand und seinen Fuß wieder halbwegs belasten konnte. Kein Grund zum Dank, es war mir eine Freude, ich sehe nur selten Wesen deiner Art, die sich so wohl gebärden. Ich erhob mich gerade, als der junge Mann nach seinen Kleidern suchte und sie nicht fand. Das hatten sie beiden Waldgeister also hier gewollt, die zuvor noch an mir vorbeigehuscht waren. Ich denke ich kann auch dieses Problem lösen. Nami! Groyl! Wo seid ihr, ihr ungezogenen Waldgeister? Ihr bringt dem Menschenkind sofort seine Kleidung zurück. Ich hatte mich voll aufgerichtet und wartete geduldig auf Antwort der beiden Waldgeister, die ich gerufen hatte.

Wirklich?, hatte ich erstaunt gefragt, aber andererseits wusste ich auch nicht, wie viele Wesen meiner Art, das waren dann wohl die Menschen, die er meinte, er kannte oder bereits kennengelernt hatte. Plötzlich allerdings kam ein leichter, aber warmer Luftzug auf und leises Kichern ertönte, wie vom Wind mitgenommen, zwei bunte Lichter blinkten auf und da erschienen sie auch schon, zwei Waldgeister, die vor dem Zentauren schweben blieben und ihn kurz ganz schuldbewusst anschmollten, bevor sie meine Kleidung vor meinen Füßen niederlegten. "Wir wollen nur ein wenig spielen.", sagten sie in ergänzendem Tonfall und verschwanden dann mit sehr schuldbewussten Ausdrücken auf ihren Gesichtern. Ich hatte mich noch ein Stück mehr verkrampft, ich wusste ja, dass es für viele Geschöpfe der Natur war vollkommen nackt voreinander zu sein... aber für mich war es das eben nicht. Ich lächelte den Zentaur allerdings dankbar an. Ihr habt mich schon wieder gerettet., sagte ich lächelnd, während ich begann meine Kleidung anzuziehen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte, denn ich kam ziemlich ins Wanken, während ich versuchte meinen verletzten Fuß so elegant wie möglich hindurch zu fädeln durch mein Hosenbein, aber zeitgleich mit zumindest einer Hand mich zu verdecken.

Ich schüttelte den Kopf und sah den beiden Waldgeistern nach, als sie wieder verschwanden, mitgetragen vom Wind. Sie meinen es nicht böse, verzeih ihnen bitte. Waldgeister hatten eben einen anderen Blick auf die Welt, sie meisten von ihnen waren den lieben langen Tag, und auch die Nacht, lang damit beschäftigt ihren Spaß zu haben und Unfug zu treiben, es lag eben in ihrer Natur. Der junge Mann begann sich anzukleiden und ich sammelte meine etwas verstreuten Kräuter wieder zusammen und verstaute sie sicher.

Ich würde nie böse sein. Sie waren neugierig, das kann ich sehr gut nachvollziehen., entgegnete ich sofort, denn ich wäre den Waldgeistern natürlich niemals böse, ebenso wenig wie auch dem Seemonster, wir waren alle von der Natur so geschaffen worden, wie wir es eben waren. Ich war dankbar, dass sich der Zentaur mit seinen Kräutern beschäftigte, während ich mich umständlicher als notwendig wieder ankleidete, noch immer sehr rot im Gesicht. Aber endlich hatte ich wieder meine Hose an, aus meinem Hemd war auch meine Krone gefallen, auch wenn ich mir nicht sicher war, dass sie bemerkt worden war. Nun, wenigstens war ich nun wieder vollkommen bekleidet, braune Reitstiefel, angemessene goldene Kleider und, zu guter Letzt, meine Prinzenkrone. Ich räusperte mich höflich, um nach Aufmerksamkeit zu bitten, noch immer ein deutlicher Ausdruck der Verlegenheit in meinem Gesicht, aber nun auch ebenfalls ein wie immer sehr kokettes Lächeln. Kronprinz Aurelien Elvetian von Illaemor, aber für Euch, meinen Retter, selbstverständlich Aurelien., stellte ich mich nun standesgemäß vor und machte eine tiefe Verbeugung, bevor ich zu dem Zentaur aufsah, Darf ich nach Eurem Namen fragen?

Der junge Mann kleidete sich in der Zwischenzeit völlig an und als er sich räusperte wandte ich mich ihm natürlich zu. Da das langsam schwindende Sonnenlicht sich darin fing, fielen meine Augen gleich auf die Krone auf seinem haupt, welche mir seine Identität bereits etwas mehr enthüllte, ehe er sich auch völlig vorstellte. Das war also der Kronprinz des Konigreiches, man hörte auch hier im Wald immer wieder von ihm, doch soweit nur gutes. Ich lächelte, legte meine rechte Hand auf meine linke Brust und neigte meinen menschlichen Oberkörper vor. Es ist mir eine Ehre, menschenkind Aurelien. Mein Name ist Osiris.

Die Ehre ist ganz bei mir. Ich wollte schon immer einen Zentauren kennenlernen., entgegnete ich mit einem breiten Lächeln, glücklich und gleichzeitig aber neugierig, denn der Name, Osiris, sagte mir etwas. Wir mussten viel über unser Königreich lernen, also dauerte es nicht lange, denn ich war mir ziemlich sicher, dass mein Vater bereits einmal über ihn gesprochen hatte. Meine Augen weiteten sind leicht und ich fragte neugierig nach, Osiris... der Hüter des Waldes? Ich war ihm noch nie begegnet, obwohl ich doch sehr gerne meine Zeit in der Natur und so auch im Wald verbrachte, aber ich hatte natürlich von ihm gehört, wie hätte ich das auch nicht?

Wir sind wenige geworden. Ich selbst sah nur noch wenige meiner eigenen Art, es gab hier und da Herden, aber es waren viel weniger als früher einmal. Genau der selbe. Ich stellte mich zwar nicht mit diesem Titel vor, aber ich war doch stolz darauf. Es ist gut zu hören, dass meine Identität bekannt ist.

Meine Augen wurden sofort groß, während ich den Zentauren direkt noch einmal musterte, dieses Mal noch beeindruckter als schon zuvor. Meine Mutter hatte mir von ihm auch ein wenig erzählt, nur positive Dinge, ich konnte es kaum fassen, dass ich jetzt vor ihm stand. Ich habe nur gute Dinge gehört. Ich- Ich stockte, als mir einfiel, dass er mich unbekleidet gesehen hatte, der Hüter des Waldes, von dem ich sogar ein wenig geträumt hatte ihn einmal anzutreffen, auf der einen oder anderen Erkundungstour durch den Wald, und sofort färbten sich meine Wangen wieder leicht rosarot. Ich- Es tut mir wirklich leid, dass wir uns unter diesen Umständen begegnet sind. Normalerweise bin ich mehr... gefasst.

Nun entkam mir doch ein leises Lachen und ich schüttelte leicht den Kopf, als Aurelien sich qieder begann zu entschuldigen. Genug davon. Ich bin sicher, gefasst sehen dich die meisten Leute, vielleicht fühle ich mich ja nun eine Spur geehrt dadurch dich auf eine andere Weise zu sehen. Es muss dir nicht unangenehm sein, wirklich.

Einen kurzen Moment sah ich ihn mit großen Augen an, bevor ich leicht verlegen tatsächlich zur Seite sah, meine Wangen nun doch deutlich errötet, während ich mich räusperte. Gefasst, schön und gut, aber splitterfasernackt? Ich lachte dann allerdings leise, aber glockenhell, ich hatte mein Lachen definitiv von meiner nymphischen, mütterlichen Seite, bevor ich wieder zu Osiris sah. Nun, das ist eine Art und Weise, das zu sehen. Ich hoffe, Ihr empfindet das tatsächlich so., sagte ich mit einem gewissen Witz in meiner Stimme, während ich kurz zum nun friedlich daliegenden See sah, Wisst Ihr was es- was er normalerweise gerne isst? Ich glaube, ich schulde ihm wenigstens eine Mahlzeit.

Auch Aurelien lachte, ein Geräusch das ich befand, dass ich es gerne mochte, es war hell und leicht, als würde es von einer sanften Brise mitgetragen werden. Ich würde niemals lügen, kein Grund zur Sorge. Ich lächelte leicht und legte dann etwas den Kopf schief, als mein Blick fragend zum nun wieder ruhigen und glatten See hinüber glitt. Markus? Er frisst eigentlich alles, aber am liebsten hat er Fische. Wenn du ihm wirklich eine Mahlzeit bescheren möchtest, ist es in ordnung, wenn ich mich dir anschließe? Markus kann, wie du sicherlich bemerkt hast, sehr überschwinglich reagieren, auf verschiedene Weisen.

Das ist sehr ehrenhaft von Euch, ich versuche ebenfalls danach zu leben. Sofort schenkte ich Osiris mein schönstes Lächeln, ich fand es nämlich wirklich sehr beeindruckend, wenn man das nicht nur sagte, sondern auch danach lebte, ich hatte generell recht starke Prinzipien, dazu gehörte auch, dass ich für jede Kreatur in unserem Königreich der Kronprinz war und ich nahm diese Verantwortung sehr ernst, ob nun die meisten meinen Schutz oder meine Hilfe annehmen wollten oder nicht, es war mir einfach wichtig. Ich möchte ihm zu gerne einen Gefallen tun, es tut mir wirklich leid, dass ich ihn gestört- und dann in sein Gesicht... geschrien habe. Er hatte nur... überraschend viele Augen., sagte ich etwas verlegen und lächelte dann leicht verschmitzt, bevor ich nickte, Es wäre mir eine Ehre, von Euch begleitet zu werden.

Aureliens Lächeln war eines von der Sorte, denen man vermutlich nur sehr schwer wiederstehen konnte, wie die ersten strahlen der goldenen Sonne am Morgen, die sich über die Baumwipfel erstreckten. Auch ich selbst, der kaum auf Äußerlichkeiten achtete, fühlte mich davon hingerissen. Natürlich konnte ich auch noch weiter denken, es gab schließlich genug Wesen, die mit ihrer Schönheit andere in den Tod zogen, selbst wenn das bei Aurelien hoffentlich nicht der Fall war, aber es gab im Leben immerhin noch viel mehr als nur das Äußere eines Wesens, viel wichtiger war schließlich das Innerste. Ich kann deine Reaktion durchaus verstehen, viele Wesen erschrecken einen mit ihrem Aussehen, das macht sie aber natürlich nicht weniger Wert als andere. Ich sah mit einem nachdenklichen Lächeln auf den glatten See hinaus, dessen Oberfläche sich nur im leichten Wind etwas kräuselte. Dann werden wir uns bald wieder sehen, Aurelien.

Vollkommen richtig. Ich fühle mich allen Wesen dieses Königreichs als ihr Prinz verpflichtet, egal wie sie aussehen., entgegnete ich sofort, denn ich sah es tatsächlich als meine große Verpflichtung, allerdings blieb ich dann doch kurz bei etwas vollkommen anderem hängen. Osiris sah mit einem nachdenklichen Blick lächelnd auf den See hinaus, und ich ignorierte das leichte ziehen in meinem Knöchel, um ihn eingehend zu betrachten. Sein Pferdekörper war wunderschön, sein Fell weiß und voller mystischer Zeichen, seine Haare und Schweif schwarz, die Muskeln überspannt von gebräunter Haut. Was mich jedoch am meisten einnahm war sein Gesicht, ich konnte mich nicht genau festlegen was es war, aber es ließ mich kaum los, während ich ihn vollkommen nur für mich betrachten konnte, weil er gerade nicht zu mir sah. Das ist wundervoll., sagte ich und besserte mich dann ganz schnell aus, denn das war wirklich keine angemessene Antwort, Ich meine, es wäre mir eine Ehre, Euch wiederzusehen. Diese Sprechweise lag mir vollkommen im Blut, ich traute mich kaum mit einem Wesen außerhalb meiner Familie meist auch nur in privaten Gemächern anders zu sprechen, denn ich wusste, dass ich als Kronprinz automatisch das Königshaus repräsentierte, also durfte ich keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Jedoch konnte ich dann doch nicht anders, als neugierig zu fragen, Darf ich Euch eine Frage stellen?