Ich fuhr mir mit beiden Händen über das Gesicht und hinauf in meine Haare, in die ich diese dann auch gleich krallte. Ich presste die Augen zu, während ich zuhörte wie Baz' Schritte sich langsam entfernten. Ich seufzte gequält und sah mich in meiner ohne meinen 1. Maat so leeren Kajüte um. Ich konnte jetzt schon erahnen, dass ich kein Auge zutun würde, ich konnte ohne Baz unter mir nur sehr selten und sehr wenig schlafen. Es fiel mir schwer einzuschlafen und auch durchzuschlafen, ich wachte oft auf, warf mich herum oder wurde von Alpträumen gequält, Baz war das einzige Mittel das ich dagegen kannte, wenn ich mich auf ihm zusammen rollte und seine Arme um mich spürte fiel es mir plötzlich ganz leicht einzuschlafen, meine Träume waren meistens ruhig und auch wenn ich aufwachte warf ich mich nicht lange herum, sondern drückte einfach mein Gesicht gegen Baz' breite Brust und schlief wieder ein. Ich versuchte es wirklich, nachdem ich aufgestanden war und mich auf mein Bett gelegt hatte. Ich versuchte wirklich einzuschlafen, aber es klappte nicht. Ich war müde, doch meine Augen wollten nicht zu bleiben. Mein Bett war kalt und ich fühlte mich einsam, aber ein Blick auf den roten Abdruck auf meiner Brust und jeder Gedanke daran doch Baz zu holen wurde getilgt. Schließlich gab ich es endlich auf, draußen war es bereits still und der Großteil der Crew schlief schon. Ich zog mich wieder an und ging aufs Deck hinaus, wo ich begann auf und ab zu gehen, wie ich es vor Baz schon hunderte Male getan hatte, nur natürlich auf einem anderen Schiff.

Wild warf ich mich in meiner Hängematte hin und her, während ich versuchte einzuschlafen, aber es wollte einfach nicht klappen und zögerte mein Leiden so nur noch weiter hinaus. Ich war versteift, mir war zu warm, ich fühlte mich schrecklich, jahrelang war ich alleine zurechtgekommen und jetzt... fehlte mir Seth. Ich fühlte mich, als könnte ich nicht einmal mehr einschlafen ohne ihn, vielleicht waren es auch die Schuldgefühle und meine Unsicherheiten, die mich wachhielten, aber alles davon hatte mit Seth zu tun. Noch nie hatte ich jemanden so sehr vermisst. Als wäre ich verdammt noch einmal abhängig von meinem Kapitän. Huff..., seufzte ich dramatisch und ich hörte genervtes und unmunteres Murmeln im Hintergrund, ich nervte also auch den Rest der Crew und das war gut so, ich hatte immerhin schwer zu leiden. Seth wollte mich nicht, zumindest nicht gerade, ich wusste nicht, was ich falsch gemacht hatte und alles an mir fühlte sich irgendwie falsch an. Ich hatte die anderen in der Crew wenigstens in der Nähe, selbst wenn ich nicht reden wollte, war ich also nicht alleine. Aber trotzdem hielt ich es einfach nicht mehr aus, ich stand also auf und trat auf das wenigstens zumindest etwas kühle Deck hinaus, meine Drehleier auf dem Rücken.

Als ich weitere Schritte auf dem Deck hörte, lenkte ich meine davon weg, ich wollte alleine sein, alleine mit meinen Sorgen und Gedanken. Ich war immerhin der Kapitän dieser Crew, ich wollte meine Leute nicht mit meinen Problemen belasten, abgesehen davon, dass hiervon sowieso niemand etwas erfahren durfte. Und wenn es Baz war, der raufgekommen war, so wollte ich diesen erstrecht nicht sehen. Ein Ziehen in meiner Brustbedeutete mir, dass es tatsächlich Baz war, der hochgekommen war, also brachte ich so viel Abstand zwischen uns wie möglich.

Als ich mich umsah bemerkte ich, dass sich Seth gerade auf das andere Ende des oberen Decks begab, und ich schnaubte nur. Gut, der Hurensohn konnte also auch nicht schlafen, das hatte er auch verdient. Trotzdem verspürte ich dieses Ziehen, diesen Drang zu ihm zu gehen, und es ließ einen eiskalten Schauer über meinen Rücken laufen, als ich bemerkte, wie stark dieses Bedürfnis doch war, so stark, dass ich mich wirklich wunderte, wie das passieren konnte. Ich musste hier weg, so schnell wie möglich, also verzog ich mich nach oben, den Hauptmast hinauf in das Krähennest, wo ich mich dann auch niederließ, die Drehleier im Schoß und beinahe außer Atem, etwas an der ganzen Sache nahm mich doch noch viel mehr mit als gedacht. Wie sollte ich so nur schlafen? Ich wusste nicht wie, nicht wieso, nicht woher, aber ich wusste, ich brauchte Seth, um alles wiedergutzumachen. Doch er wollte mich nicht. Ich spielte gedankenverloren ein paar sehr traurige Töne, noch ohne bestimmte Melodie, aber ich hatte sowieso einen zu großen Kloß im Hals, um zu singen, zumindest fühlte es sich so an.

Ich blieb einige Momente stehen und legte die Hände an die alte Reling, wobei ich auf das dunkle Wasser hinab sah, in dem sich Mond und Sterne spiegelten. Aus dem Krähennest hörte ich leise Töne, die nur von Baz' Drehleier stammen konnten. Ich biss die Zähne zusammen, als mein Instinkt vehement von mir verlangte zu meinem Soulmate zu gehen. Meinem Soulmate, der es doch nie sein konnte. Wie sollte ein Mann wie Baz mich auch je so lieben? Wie sollte er mir je die selben Gefühle entgegen bringen? Wie sollte mich jemals überhaupt jemand so mögen? Ich mochte mich selbst doch nicht einmal, da gab es auch nichts zu mögen. Ich seufzte und ließ die Schultern schwer sinken.

Die gesamte Nacht sollte noch vorbei gehen und ich tat kein Auge zu, wahrscheinlich auch nicht diejenigen, die meine Klänge vernahmen, auch wenn ich es wenigstens später aufgegeben hatte mit meinen Instrumenten zu spielen, sondern einfach nur leise Melodien zu summen und zu singen, noch immer einen schweren, schweren Kloß im Hals, der mir beinahe die Tränen in die Augen trieb. Aber ich wusste, es half nichts, wir mussten morgen früh raus, wir waren hier in keinen sicheren Gewässern. Bald bemerkte ich allerdings ein anderes Schiff, noch im frühen Morgengrauen und schlug sofort Alarm, Fremdes Schiff am Horizont! Steuerbord!

Ich schlief keine Sekunde, egal wie müde ich nach dem gestrigen Tag vielleicht auch war. Ich lief nur an Deck auf und ab, starrte hier und da ins Wasser und hing meinen schweren Gedanken nach. Das tat ich jedenfalls bis Baz im Morgengrauen im Krähennest Alarm schlug. Ich griff sofort nach meinem Degen und die Crew kam an Deck gestürmt. Zum Glück beeilten sie sich, denn das fremde Schiff kam sehr bald sehr nahe und ließ sich auch von Kanonen nicht abhalten so nahe an uns heran zu kommen, dass sie uns gefährlich werden konnten. Die fremden Seefahrer setzten über und ein harter Kampf entbrannte. Ich setzte mich sehr erfolgreich zur Wehr gegen vier starke Gegner, bemerkte aber nicht, dass ich zu weit zur Reling getrieben wurde. So weit, dass ich, als ich mich des letzten Gegners entledigte, von diesem so weit zurück geschubst werden konnte, dass ich strauchelte und über die Reling ins Meer fiel. Furcht umschloss sofort einsig mein Herz, noch ehe das Meer mich verschluckte. Ich konnte nicht schwimmen, ich hatte sogar regelrechte Angst davor und auch vor den Tiefen des Meeres, sas ich eigentlich mein Zuhause nannte. Wie ein Stein ging ich unter, die Hand noch fest um meinen Degen geklammert, wie eine Lebensleine. Baz...

So schnell wie möglich war ich vom Krähennest gerutscht, die Leiter hinab, bevor ich meinen Rapier zog, es dauerte nicht lange, da wurden wir in einen Kampf hineingezogen, mit einer feindlichen Crew, aber ich kämpfte uninspiriert und gelangweilt, keine einzige kreative Melodie kam mir in den Sinn. Ich wurde erst wieder aus meinen Gedanken geschüttelt, als ich ein lautes "Mann über Bord! Der Kapitän! Über Bord!" hörte und mich sofort wie in Panik umsah. Ganz egal, was zwischen uns war, mein Beschützerinsinkt Seth gegenüber war noch bestens intakt, auch wenn es wehtat. Ich trat den letzten Gegner mit meinem Stiefel zu Boden, bevor ich sofort dorthin rannte, woher die Stimme gekommen war und mich ohne zu zögern über die Reling nach unten ins Meer stürzte. Seth war bereits am Sinken, ich konnte ihn sehen und tauchte auf ihn zu, ihm hinterher so schnell ich konnte. Das Salzwasser brannte in meinen Augen, aber ich ließ ihn nicht aus meinem Blick, während ich zu ihm aufholte und meine Arme unter seine Schultern gleiten ließ, wodurch ich ihn dicht an mich zog. Es war, als würde in diesem kurzen Moment alle Anspannung der letzten Stunden von mir abfallen, aber ich ignorierte das Gefühl und begann damit uns nach oben gen Wasseroberfläche zu bringen.

Meine Panik wurde mit einem Mal gelindert, als über mir Baz ins Wasser tauchte und er sich mir näherte. Sie verschwand völlig, als Baz in Kontakt mit mir kam und begann mich nach oben zu ziehen. Mir ging langsam die Luft aus, aber ich war Entspannt. Mein Soulmate war bei mir. Alles war gut. Ich würde okay sein. Ich schloss die Augen gegen das brennende Salzwasser, die ich in Angst weit aufgerissen hatte und ließ mich einfach von Baz retten.

Mit einem Keuchen tauchte ich wieder an der Wasseroberfläche auf, Seth noch immer sicher in meinen Armen, langsam beruhigte ich mich auch wieder, ich konnte endlich wieder klar denken, aber Seth war in Sicherheit und das war das wichtigste, so sehr genervt ich auch von ihm war, ich wollte ihn nicht verlieren, selbst wenn er mich nicht wollte. Alles gut, du bist in Sicherheit., murmelte ich leise und hielt ihn fest. Diese Wärme hatte sich in mir ausgebreitet, seitdem ich ihn berührt hatte. Ich schwamm mit ihm gemeinsam zur Leiter, wo ich ihn auf meine Schultern nahm und auch gleich nach oben trug, ich wusste nicht, ob er verletzt war oder nicht, das war meine erste Sorge. Oben an Deck stolperte ich dann aber auf die Knie und ließ ihn vorsichtig zu Boden, noch völlig außer Atem, Seth war eben kein leichter Mann und der Kampf vorher war auch anstrengend gewesen, leicht hustete ich und rieb über meine Augen, aber zumindest hatte ich uns wieder aufs Schiff gebracht.

Ich lehnte den Kopf gen Baz Brust zurück, er war der einzige auf dieser Welt dem ich wirklich zu 100% vertraute, von meiner Schwester Mal abgesehen. Ich vertraue auch unserer Crew, natürlich, aber das war eben doch etwas anderes. Ich ließ zu, dass er mich an Deck trug und hustete dort dann auch einiges an Meerwasser hoch, wofür ich mich zur Seite rollte, um das ganze nicht noch mehr auf meine Kleidung zu bekommen. Unsere Crew hatte unterdessen offenbar unsere Gegner deutlich ausgedünnt und vertrieb sie immer mehr von unserem Schiff, während Baz und ich erst noch zu Atem kommen müssten.

Auch ich hustete noch einiges an Salzwasser hoch, aber ich spürte es fast gar nicht, denn ich fühlte mich kalt. Kalt und verlassen. Ich hatte Seth das Leben gerettet, aber würde es etwas ändern? Selbst wenn, warum hatte er sich überhaupt von mir abgewandt? Ich spürte nun tatsächlich etwas Wut in mir aufsteigen, die letzte Nacht war sowasvon unverdient und unfair gewesen, zumindest aus meiner Sicht, aber zuerst sah ich mich um, unsere Umgebung wirkte halbwegs sicher, also rappelte ich mich auf und hielt Seth die behandschuhte Hand hin, um ihm aufzuhelfen.

Ich wollte instinktiv nach Baz' Hand greifen, als dieser sie mir anbot um mir hochzuhelfen, ich hatte auch schon meine eigene Hand erhoben um sie in Baz' zu legen, aber dann zog ich sie wieder zurück. Das Gefühl von Sicherheit verschwand und wurde durch Unsicherheit und Angst ersetzt. Ich stand selbst auf, wenn ich auch dabei schwankte und wieder Salzwasser hochhustete.

Es war als hätte jemand nicht ein, nicht zwei, sondern dutzende Messer in meine Brust gestochen, so schwer schmerzte meine Brust, als sich Seth nicht einmal von mir hochhelfen ließ, als hätte ich ihm gerade nicht das Leben gerettet, als hätte nichts gezählt, alles was wir bisher durchgemacht hatten, als wäre er nicht... mein bester Freund. Ich spürte, wie wieder dieses starke Gefühl in mir hochstieg, diese Mischung aus Trauer und Wut, die bittere Enttäuschung über die Realität, wie sie nun vor mir war und ich konnte gerade noch die Tränen hinunterschlucken, auch wenn sie in meinen vom Salzwasser noch irritierten Augen brannten. Ich zog meine Hand zurück und trat also einen Schritt auf ihn zu, meine Schultern breit und meine Haltung beinahe bedrohlich, nicht locker wie anders. Weißt du was?, fuhr ich ihn an, während ich ihm die Worte geradeso entgegenspuckte, Ich hätte dich ersaufen lassen sollen, du Hurensohn. Mit einem wütenden Funkeln in den Augen starrte ich Seth noch einmal an, bevor ich mich abwandte und begann zu entfernen.

Ich wandte den Blick von Baz ab und musste mich schwer zusammenreißen nicht zurück zu weichen, als dieser auf mich zutrat, weitaus bedrohlicher als er sonst je auf mich zugekommen war, selbst damals als wir im Kampf aufeinander getroffen waren. Schlimmer aber als jeder Schlag, den er hätte gegen mich führen können schnitten seine Worte in mich ein. Ich zuckte zwar nicht zusammen, aber ich spannt mich an und sagte weiter kein Wort, das Baz hören konnte, so hoffte ich jedenfalls. Auch in meinen Augen brannte nicht mehr nur das Wasser des Meeres, sondern auch schmerzerfüllte Tränen. Du hast Recht. Ich wandte mich ab und ging davon. Ich biss die Zähne zusammen, ich konnte und wollte vor den anderen nicht zeigen wie verletzt ich war. Baz Soulmark auf meiner Brust brannte förmlich, ich presste eine Hand darüber, aber es nützt ja doch nichts. Ich begann mich um die Schäden und die Crew zu kümmern, aber scheinbar waren wir wieder glücklich davon gekommen. Besorgte nachfragen nach meiner Gesundheit wehrte ich ab, ich war ja schließlich in Ordnung. Rein körperlich.