Wut war meine erste Reaktion nach außen gewesen, aber innerlich war ich vollkommen zermürbt, ich hatte kaum geschlafen, ich hatte hier mein Leben riskiert und als Dank? Nichts und wieder nichts, von meinem eigenen besten Freund auf dieser gesamten Welt. Ich fühlte mich alleine und verlassen, vollkommen nutzlos und ohne auch nur darauf zu achten was um mich herum passierte, verschwand ich in der Kombüse, wo ich den Schiffskoch hinauswarf und dann, sobald ich endlich alleine war, bitterlich in Tränen ausbrach. Ich war müde, ich war erschöpft, ich fühlte mich einfach nur elendig, mein ganzer Körper schien noch schlimmer auf meine Gefühle zu reagieren als sonst, ich wusste nicht wohin mit mir, während ich die Hände in meinen Haaren verkrallte und jämmerlich vor mich hin schluchzte.

Aber natürlich musste unser Sieg auch gefeiert werden, wir hatten immerhin eine fremde Crew besiegt, und bald hatte ich aus der Kombüse verschwinden müssen, hinauf ging es an Deck. Mein Gesichtsausdruck war vollkommen emotionslos, meine Wangen eingefallen, die Augenringe groß und dunkel. Ich spielte uninspiriert die Lieder für die Crew, es waren nicht einmal meine eigenen, sondern die, die wohl jeder Schiffsmusiker beherrschte, langweilig und überall im ganzen Land zu hören, aber mehr brachte ich nicht zur Stande, bei den höheren Tönen zitterte hier und da sogar meine Baritonstimme.

Ich hatte mich in die Arbeit gestürzt und saß nun am Rande der feiernden Crew, die trank, sang und aß. Ich hatte keinen Hunger, ich fühlte mich einzig müde und fertig. Ich starrte ohne wirklich etwas zu sehen auf meine Hände hinab und versuchte Baz' Gesang und Spiel nicht zuzuhören, da es nur weh tat seine Stimme zu hören. Er hätte mich wirklich einfach ertrinken lassen sollen, dann wäre all dieses Drama vorbei, das schmerzhafte Ziehen in meiner Brust wäre fort, die eiskalte Erkenntnis, dass mein bester Freund mich nie so lieben würde wie ich ihn würde verschwinden... aber auch Baz' Probleme mit mir wären weg, all die Probleme die ich ihm machte und noch machen würde wäre er los.

Gerade hatte ich mit einem Lied geendet, meinen Blick vollkommen entnervt in Richtung Seth, ich war müde, aber ich konnte und könnte auch gar nicht schlafen, doch plötzlich stolperte ein betrunkenes Crewmitglied direkt auf mich zu. Das Mitglied gestikulierte wild mit seinem Krug Rum und ich wusste jetzt schon, das konnte nur gut enden, es war ein Wunder, dass es sich noch auf seinen Beinen halten konnte. "Heeeey Baz, schau doch mal, Seth schieht scho traurig aus. Wie hieß nochmal das Lied? Das... was der Kapitän scho mochte, du weißt schon..." Ich wusste genau, aber ich hatte sowasvon genug, es stand mir bis zu meinen fabulösen roten Haarspitzen, also knallte ich dem Mitglied einfach meine Drehleier auf den Kopf, nicht, dass es so wirkte, als würde es das bemerken, bevor ich das Spielen und Singen einfach vollkommen ließ und wütenden, geraden Ganges auf Seth zu stapfte. Ich lehnte mich auch gleich nach vorne, um mir seinen Kragen zu schnappen, ich konnte nämlich förmlich spüren, wie aufstehen und abhauen wollte. Ich kannte meinen besten Freund schließlich, diesen verfickten Hurensohn.

Ich hörte den misstönenden Klang von einer Drehleier auf etwas hartem und sah gerade rechtzeitig auf um zu sehen wie Baz aufstand. "Ja, genau schon fingsch an..." Hinter Baz fiel eins unserer Crewmitglieder um, vermutlich das, dem er die Drehleier über den Kopf gezogen hatte, aber ich konnte ihm nicht viel Aufmerksamkeit schenken denn Baz kam auf mich zu. Völlig ohne Schwung in den Hüften, gerade und wütend. Ich rappelte mich auf, doch eher ich fliehen konnte ergriff Baz mich am Kragen und ich sah ihn mit geweiteten Augen an, während ich versuchte nach hinten auszuweichen, ohne meinen besten Freund, wenn er es denn überhaupt noch war, selbst anzufassen.

Zwar bemerkte ich es nicht, aber nachdem noch ein dumpfes Geräusch ertönte, wahrscheinlich das Crewmitglied das zu Boden gegangen war, wenn auch etwas zu spät, aber danach breitete sich beinahe unheimliche, vollkommene Stille aus. Niemand schien auch noch mehr zu atmen außer mir und Seth, aber ich konnte es gerade nicht wirklich registrieren, während ich Seth gegen seinen Widerstand weiter zu mir zog. Du dreckiger Hurensohn, denkst du eigentlich, du kannst mich wegwerfen wie einen alten nicht mehr passenden Hut?, brachte ich gleich die schlimmsten Vorwürfe zuerst an, pure Aggression in meiner Stimme, Bin ich dir eigentlich scheißegal oder was? Ich achtete gar nicht mehr auf meine Umgebung, während meine Knöchel regelrecht weiß unter meiner Haut hervorstanden, so fest hielt ich den Kragen seiner Jacke fest, ich würde ihn jetzt sicher nicht entkommen lassen. Es mochte sein, dass ich übertrieb, aber ich verstand einfach nicht, was passiert war, es schmerzte, sehr sogar, schlimmer als jeden Schmerz, den ich sonst erlebt hatte, ich wusste nicht einmal, was genau diesen auslöste, aber es musste Seth sein, es musste einfach. Dann hättest du mich auch gleich töten können als wir das erste Mal aufeinander getroffen sind! Ganz ehrlich, es wäre weniger schlimm gewesen als das hier.

Ich könnt Baz nicht in die Augen sehen, ich sah überall hin nur nicht in diese roten Irden, deren Anblick mir nur noch mehr weh getan hätte, noch mehr als es seine Worte bereits taten. Er wollte mich nicht gehen lassen und ich wollte nicht meine Hände nutzen um mich zu befreien. Die Crew war völlig verstummt, ich war mir ihrer Blicke auf uns nur zu bewusst, doch meine ganze Aufmerksamkeit lag natürlich alleine auf Baz, dessen Worte mir ins Herz schnitten. Hör auf sowas zu sagen. Und lass mich einfach in Ruhe. Ich war nicht gut mit solchen Konfrontationen, ich wollte auf nicht wütend werden, doch ich entkam Baz auch nicht, was mich sehr nervös machte.

Eigentlich hätten bei mir alle Alarmglocken läuten sollen, ich wusste ganz genau, dass Seth bei so etwas ganz und gar nicht gut war, aber die Wut verblendete mich vollkommen, entnervt schnaubte ich also nur spöttisch und fauchte ihn an, Dich in Ruhe lassen? Dich. In. Ruhe. Lassen? Ich spuckte ihm seine eigenen Worte förmlich ins Gesicht, so entrüstet war ich über die ganze Sache. Was zum verfluchten Klabautermann denkst du, habe ich die letzten beiden Tage macht? Pure Frustration breitete sich nun in meiner Stimme aus und es grenzte wirklich an Verzweiflung, eigentlich war ich niemand, der schnell überschwappte, aber die letzten beiden Tage zusammen mit dieser schlaflosen Nacht waren einfach zu viel gewesen, ich wollte nicht mehr so weiter, wie konnte Seth das nur sagen, dass ich ihn wieder in Ruhe lassen sollte? Mein Frust wandelte sich allerdings sofort wieder in blanke Wut um, mein Atem ging nun auch viel zu schnell, aber ich bemerkte es kaum, der Schmerz in meiner Brust verstärkte sich nur noch. Man sagt ja immer wir Soulmates wären Kreaturen des Herzens, aber wenn ich mir dich so ansehe, kann das gar nicht stimmen. Du unliebsames Stück Scheiße!

Jeder Schlag hätte nicht mehr wehtun können als von Baz so beleidigt zu werden. Seine Meinung bedeutete mir eben wirklich etwas und ihn so reden zu hören schmerzte. Langsam regte sich aber auch Wut in meiner Brust, ich war auch müde, ich war auch fertig und die Soulmark auf meiner Brust brannte förmlich nun, da wir uns so nahe waren, uns aber auch stritten. Hakt doch die Klappe, du hast keine Ahnung. Verpiss dich einfach, als hättest du so viel Herzverstand, wenn das so wäre würdest du endlich deine Hände von mir lassen. Ich tat mir schwer mit Worten, sehr schlagfertig war meine Antwort also nicht, doch mir fiel nichts anderes ein und meiner Wut körperlich Luft machen wollte ich nicht.

Die Hände von dir lassen?, wiederholte ich wieder vollkommen ungläubig, als ob er das nicht gesagt hätte, aber ich konnte es auch einfach gar nicht fassen, was ich da zu hören bekam. War es ihm eigentlich vollkommen egal, dass ich ihm heute das Leben gerettet hatte? Im ersten Moment stiegen mir die Tränen in die Augen, doch ich schluckte sie bitter hinunter, nun in voller Rage. Ganz ehrlich, es ist ja doch besser so., murmelte ich und ließ Seth's Kragen los. Ich hob die Hände neben meinem Kopf nach oben und machte extra eine Show daraus mich zwei kleine Schritte von Seth zu entfernen, meinen Blick noch immer an ihn gewandt. Das solltest du immer so halten, weißt du das? Einfach niemanden an dich heranlassen., spuckte ich ihm nun einen wirklich gehässigen Ausdruck im Gesicht entgegen, Es würde dich doch sowieso niemand als Seelenverwandter haben wollen und es hätte auch gar niemand verdient deinen egoistischen Arsch jeden Tag für den Rest seines erbärmlichen Lebens ertragen zu müssen!

Man hörte um uns herum ein deutliches geschocktes Ooooh... von der Crew, als der Streit weiter ging. Baz ließ mich los, wie ich es doch eigentlich gewollt hatte, doch es zog wieder in meiner Brust, allerdings wurde aus dem Ziehen bald ein schmerzhaftes Stechen, ehe es sich zu heißer Wut umwandelte. Ich verspürte nur noch heiße, verletzte Wut, die ihren Gipfel erreichte, als Baz einen Nerv trat, er sprach nämlich genau das an, was ich mir selbst schon die ganze Zeit dachte. Niemand würde mich jemals als Soulmate haben wollen. Baz würde niemals meine Soulmark tragen. Ich sah nur noch rot, rot wie die Soulmark die ich auf meiner Brust trug, rot wie Baz wunderschönen Haare und seine Augen. Ich hob die Hand und donnerte sie offen gegen Baz linke Wange, das Klatschen schallte über das ganze Deck. Die Crew sog hörbar erschrocken die Luft ein, aber ich war weiterhin nur auf Baz fixiert, der mich so weit gerieben hatte, dass ich doch handgreiflich geworden war. Ich schlug auch gleich noch einmal zu, mit der Faust in Baz' Magen. Du verdammter Drecksack hast keine Ahnung wovon du redest!

Noch im selben Moment, als ich es gesagt hatte, bereute ich es, denn ich wollte Seth nie so verletzen, wie ich es gerade sicherlich getan hatte, aber ich war einfach zu sehr in Rage um irgendetwas gerade zu beachten, sogar mein Beschützerinstinkt Seth gegenüber ließ gerade einfach nach, ich war so dermaßen frustriert und enttäuscht, aber die Hand hatte ich nicht kommen sehen. Mein Kopf schnellte zur Seite und meine Wange begann unglaublich zu schmerzen. Noch nie hatte Seth so die Hand gegen mich erhoben, doch er beließ es auch nicht dabei, er donnerte auch gleich seine Faust in meinen Magen, die mich nun wirklich nach hinten zu Boden beförderte. Ich landete mit meinen Ellbogen am Deck, bevor ich plötzlich so ein Kribbeln an meiner Wange spürte, das den Schmerz langsam aber sicher ersetzte und sich in leichten Wellen bis in die letzte Ecke meines Körpers ausbreitete. Meine Augen weiteten sich erschrocken, als ich unglaublich zu Seth hochsah. Nein, das kann doch nicht sein...

Baz krachte zu Boden und ich stand leicht Keuchend über ihm, bis ich plötzlich auf meiner linken Wange einen deutlichen Schmerz spürte, da wo meine Hand zuvor mit Baz' Gesicht in Kontakt gekommen war, auch mein Magen fühlte sich an, als hätte jemand hinein geboxt. Im ersten Moment lachte ich ungläubig auf, ich hatte das Gefühl gleich durchzudrehen, ich war wie genommen. Tja, das hast du jetzt davon, jetzt hast du diesen egoistischen Arsch für immer! Aber langsam sickerte bei mir ein was passiert war. Auf Baz' Wange hatte sich ein roter Handabdruck gebildet, einer, der nie wieder verschwinden würde. Meine Augen weiteten sich und mir stockte der Atem. Ich verfiel in Panik, unsicher was ich tun sollte, also machte ich das erste was mir einfiel, das erste was mir immer einfiel: Abhauen. Ich drehte auf dem Absatz um und wollte fliehen.

Ich hätte dreimal auf Holz klopfen sollen und Seth schien im ersten Moment noch gar nicht zu fassen, was gerade passierte, was ich eindeutig spürte, ich hatte das Gefühl meiner Soulmark natürlich noch nie verspürt, aber ich wusste ganz genau, dass es das sein musste, denn ich hatte das Gefühl noch nie verspürt. Langsam wurde mir auch klar, was Seth sich gedacht hatte, warum er sich so verhalten hatte, wie er es eben die letzten Tage getan hatte. Es dämmerte mir nun auch, was ich verpasst hatte, meine Hand... meine Hand ohne den Handschuh, weil er voller Blut gewesen war, ich hatte sie auf Seth's Brust gelegt. Du Idiot., murmelte ich leise, während ich mir mit meiner wieder vollkommen unbehandschuhten Hand über die Stelle an meiner Wange fuhr, die gerade noch immer kribbelte, Jetzt bleib gefälligst hier! Ich rappelte mich sofort auf und stürzte Seth hinterher, der Idiot würde mir sicher nicht abhauen, nicht jetzt. Mein Idiot... mein Seelenverwandter. Wir waren wirklich beide irrsinnige Idioten, ich konnte noch immer nicht fassen, dass Seth gedacht hatte, ich würde sein Soulmark nicht erwidern oder nicht wollen, nachdem ich ihm jahrelang treugeblieben war. Ich schnappte ihn mir kurzerhand und stürzte mich auch direkt auf ihn, wobei wir beide zu Boden krachten. Ich landete auf ihm drauf, ein leichtes Grinsen im immer noch schmerzenden Gesicht. Ich dachte, es könnte nie sein., murmelte ich, während sich meine Augen langsam schlossen, denn ich hätte mir das wirklich nicht in meinen wildesten Träumen zusammenreimen können, aber ich zögerte nicht lange und verband unsere Lippen miteinander, zu einem langersehnten Kuss.

Ich wollte nicht bleiben, ich wollte lieber aus der unangenehmen Situation entfliehen, wie ich es immer tat, wenn es zu schlimm war rannte ich davon, doch das spielte es hier nicht, denn Baz kannte mich zu gut und stürzte sich auf mich. Ich knallte zu Boden, Baz über mir. Ich sah ihn an, ein bisschen wie ein Kaninchen vor der Schlange, wie mein Seelenverwandter über mir schwebte. Mein Seelenverwandter. Mein Soulmate. Ich konnte es nicht glauben, doch endlich hörte das Ziehen in meiner Brust auf, das danach verlangt hatte wieder nahe zu meinem Soulmate zu kommen. Meine Augen glitten wie von selbst zu, als Baz seine Lippen auf meine drückte. Meine rechte Hand legte ich federleicht auf die Soulmark an Baz' Wange, es fühlte sich einfach richtig an das zu tun. Eine einzelne Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und mein Herz setzte einen Schlag aus. Um uns herum hörte ich die Crew jolen und klatschen.

Mein ganzer Körper erzitterte, als sich unsere Lippen endlich miteinander vereinten, es war als würde die Erschöpfung, die sich die letzten Tage tief in meine Knochen gefressen hatte, plötzlich verschwinden, während mich eine Wärme erfüllte, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Seth's Lippen auf meinen fühlten sich vollkommen anders an als all die anderen Männer, die ich jemals geküsst hatte, und es verging mir jede Lust jemals jemand anderen zu küssen, denn nichts könnte jemals an dieses euphorische Gefühl herankommen. Sanft und zart leitete ich den Kuss, während ich eine Hand auf Seth's Burst legte, über die Soulmark, die ich ihm gegeben hatte, und uns dann ganz zärtlich wieder voneinander trennte, um sanft sein Gesicht zu mustern. Ich liebe dich., murmelte ich leise, während nun durch die Worte auch noch ganz andere Gefühle in mir hochblubberten, gleichzeitig auch die paar Tränen, die nun auch aus meinen Augen traten und still und leise einzeln über meine Wangen hinabrollten.