Dann bin ich beruhigt. Ich schwankte wieder davon und nahm den Tee vom Feuer, ehe ich zwei Reagenzgläser mit der heißen, grünen Flüssigkeit befüllte, von denen ich eines neben Cecil auf den Stuhl stellte, auf dem ich zuvor noch gesessen hatte. Mein Glas stellte ich sorgfältig zwischen den Knochenhänden meiner Mutter ab, dass sie es hielt als wollte sie davon trinken.

Erleichtert atmete ich aus, ich hoffte auch wirklich, dass Undertaker mir das abnahm, denn ich wollte ihm wirklich keine Schwierigkeiten bereiten, schon gar nicht in diesem Zustand, er hatte dafür sicherlich keinen Kopf und... es war nicht so, als wäre ich es nicht gewöhnt. Früher in meiner Herde hatte auch kaum jemand Rücksicht auf mich genommen, eher im Gegenteil. Ich schnappte mir also die Teetasse und hielt sie fest in meinen beiden eiskalten Händen, sie war noch zu heiß, um sie zu trinken, also hielt ich mich noch zurück, während ich zu Undertaker nach oben sah.

Ich kraulte Ciel noch einmal unter dem Kinn, ehe die Haikatze wieder von mir runtersprang und stattdessen am der Decke über Cecils Schultern hoch kletterte und sich in seinen Nacken lehnte. Er schnurrte zufrieden und mein Lächeln wurde eine kleine Spur ehrlicher. Ciel mochte Cecil, das war gut. Da mein Stuhl wieder frei war, ließ ich mich doch darauf nieder, wodurch ich erneut neben Cecil zu sitzen kam.

Etwas erstaunt, aber sehr erfreut bemerkte ich Ciel, der an mir hochkletterte und lächelte ihn dann an, nachdem ich meinen Kopf gedreht hatte, wo ich nun seine Form um meinen Nacken herum spürte. Ich lehnte mein Gesicht ganz leicht gegen seine schmale Form und Trembles in meinem Schoß kuschelte sich ebenfalls gemütlich an mich, es war einfach ein schönes Gefühl von all diesen kleinen Tierwesen akzeptiert und sogar gemocht zu werden. Ich musterte die Haikatze sanft, Ciel war schon ein besonders schönes und süßes Tierchen.

Ciel rieb seinen Kopf an Cecils Wange und an seinem Ohr und legte dann schnurrend seinen Kopf auf dessen Schulter ab. Ciel war zufrieden da wo er war und ich eigentlich auch. Ich saß gerne neben Cecil, das tat ich jederzeit gerne, aber gerade umso mehr. Allerdings glitten meine Gedanken wieder etwas ab, während ich erneut auf das Skelett vor uns starrte, welches nun seinen dampfenden Tee in den Knochenhänden hielt.

Mein Blick glitt wieder zu Undertaker und ich bemerkte seinen veränderten Zustand sofort wieder, bemerkte wohin er sah, und dieses Mal, sogar ganz ohne zu zögern, streckte ich eine Hand aus, nun hielt ich die Tasse nur mehr mit einer Hand, und ergriff seine Hand mit meiner.

Ich drehte wieder leicht den Kopf, als Cecils Hand erneut meine fand. Ein schwaches Lächeln fand den Weg auf meine Lippen, ehe ich erneut auf das Skelett vor mir sah, dessen Tee nun langsam aufhörte zu dampfen und immer weiter abkühlte. Ich versuchte mich immer wieder loszureißen von dem Anblick vor mir und den Bildern in meinem Kopf, aber es war schwer, ich hatte das auch seit vielen Jahren nicht mehr probiert, denn wozu auch? Ich hatte keinen Grund dazu gehabt, anders als jetzt.

Ich erwiderte sein Lächeln sofort und nickte ihm zu, bevor ich schließlich etwas umständlich meine Tasse abstellte, aber es war nun einmal nicht gerade so, als hätte ich mehr Arme und Ciel um meine Schultern wollte ich auch gerade nicht stören, aber so hatte ich zumindest eine freie Hand. Ich war noch immer sehr durstig, aber ich dachte nicht einmal daran zuerst zu trinken. Stattdessen nutzte ich meine nun freie Hand um Undertaker seinen Tee auffordernd hinzuhalten, meine andere Hand noch immer in seiner.

Cecil nahm meiner Mutter ihre Tasse ab, die das natürlich nicht störte. Es konnte sie ja auch kaum stören, tot wie sie schon seit so vielen, langen Jahren war. Ich sah einige Momente lang blinzelnd und ohne viel Reaktion auf die Tasse, denn ich brauchte zu lange um zu verstehen wozu diese nun da war, ehe ich es endlich verstand und langsam die Hand hob, um das Reagenzglas, welches den Tee enthielt entgegen zu nehmen.

Erleichtert lächelte ich, als Undertaker zumindest seinen Tee entgegennahm, ich wartete noch ab, ob er ihn auch sicher in beiden Händen hielt, bevor ich mir meinen eigenen wieder schnappte, was gar nicht so einfach war, ich wollte Ciel auf meinen Schultern nicht stören, aber ich schaffte es indem ich mich ein wenig streckte. Dann erlaubte ich es mir auch endlich zu trinken, der Tee war ziemlich heiß noch, aber ich hatte Durst, also stürzte ich ihn fast in einem hinunter.

Ciel ließ sich auf Cecils Schultern sowieso nicht stören, er war es gewohnt auch auf mir zu liegen, während ich meine großen Gesten machte, er konnte das mittlerweile. Der Satyr trank nun von seinem Tee und einzig um seine Bewegung zu kopieren tat ich das selbe. Wie heiß das Getränk noch war bemerkte ich nicht, während es durch meine Kehle lief, doch ich trank meinen Tee sowieso meistens kochend heiß.

Die nächste Zeit raste ein wenig an mir vorbei, ich fühlte mich nicht mehr wirklich sicher auf den eigenen Hufen, aber ich blieb solange mich Undertaker bei sich haben wollte, solange er mich brauchte. Er sollte nicht alleine sein in dieser Zeit, auch wenn wir dadurch unser geplantes Treffen mit Ranya verpassten, weshalb ich beschloss mich später bei ihr entschuldigen zu gehen. Irgendwann hatte ich dann den Laden von Undertaker wieder verlassen, es war ihm wieder besser gegangen, gut genug, das er arbeiten konnte, ich hatte ihm noch ein wenig zugesehen, aber war dann gegangen, nachdem ich mich auch bei ihm und Ciel verabschiedet hatte, aber ich war einfach vollkommen erschöpft und musste wohl nachhause, Trembles mir dicht auf den Fersen. Bis sich die Tür hinter mir schloss, ließ ich mir meinen geschwächten Zustand allerdings nicht anmerken, ich würde es schon nachhause schaffen. Ich war vielleicht schwach, aber nicht nutzlos.

tbc: Cecil's Haus

Cecil blieb tatsächlich bei mir, obwohl es wieder Stunden gab in denen ich keinen Muskel rührte, obwohl ich das Feuer eins ums andere Mal ausgehen ließ, obwohl er oft nichts anderes zu tun hatte als nur da zu sitzen und mit mir zu schweigen. Dann war es endlich wirklich bergauf gegangen, ich war zurück an die Arbeit gegangen, die Aufträge hatten wieder angefangen und Cecil verabschiedete sich. Ich sah zu wie hinter ihm die Tür ins Schloss fiel und schob die aufkeimende Einsamkeit wieder zurück. ich war so viele Jahre alleine gewesen, diese Gewohnheit konnte sich doch wohl nicht wegen ein paar Tagen an denen es anders war ändern, oder? Nun lief auf jeden fall alles seinen gewohnten Gang, Ranya und unser Treffen hatte ich nicht vergessen, aber wir hatten es verpasst und nun war es wohl auch schon zu spät daran etwas ändern zu wollen, also stürzte ich mich wieder in die Arbeit und bereitete eine kleine Beerdigung vor.

cf: Ranyas vier Wände

Meine Hufe klackerten von mir völlig ungehört auf den Steinen, während ich langsam auf den inzwischen vertrauten Laden von Undertaker zuhielt, allerdings bemerkte ich trotzdem selber, wie ich immer noch ein Stück langsamer wurde und wie mich sogar Trembles verwirrt anblickte, als ich schließlich vor der Tür stand, über der das eindeutige Schild hing. Ich schluckte schwer und brauchte einen kurzen Moment, bevor ich mich schließlich doch entschied hineinzugehen. Ich wollte mich nicht von meinem Freund Undertaker verabschieden, er war eines der wenigen Wesen, die mich immer verstanden hatten, nicht nur von den Gebärden her, mit denen ich mich verständigte. Aber ich wusste, dass es für das beste war, die wenn auch vielleicht freie Stadt Thalberg zu verlassen, selbst wenn mein Blick wahrscheinlich ganz und gar nicht so wirkte, denn Trauer und Schmerz war ich die großen hellblauen Augen gekehrt. Ich atmete langsam aus, als ich die Tür öffnete, um vorsichtigen Schrittes den kühlen Laden zu betreten.

Ich hörte wie die Türe zu meinem Laden aufging und ging aus dem Lagerraum heraus, in dem ich eben an einer Leiche gearbeitet hatte, Nadel und Faden noch zwischen den Fingern, doch als ich Cecil bemerkte steckte ich diese in meinen Umhang, um sie nicht zu verlieren, ehe ich die Arme zur Begrüßung ausbreitete, doch ehe ich schwungvoll irgendeine Begrüßung formulieren konnte, bemerkte ich den niedergeschlagenen Blick des Satyren und senkte die Hände wieder, den Kopf besorgt schief gelegt. Was ist los?