Trembles kuschelte sich sofort an Ciel, er schnupperte besorgt an ihm, während ich schließlich eine Hand auf die Brust von Undertaker legte, um dort eine einfache Geste zu deuten. Ich wusste nicht, ob er sie problemlos sehen konnte, aber er sollte sie zumindest spüren können, ein wenig, Feuer. Ich würde mich darum kümmern, dass es wieder wärmer wurde, aber ich würde nicht gehen, ich wollte, dass er das wusste, ich war mir sicher, Mutter Natur hatte mich absichtlich hierher gebracht, weil er mich brauchte. Ich löste mich also langsam von ihm und ging zur Feuerstelle, um sie wieder anzufachen.

Ich nahm Cecils Geste klar war, doch sie brauchte etwas um ganz in meinem Kopf anzukommen. Was wollte er mit Feuer tun? Erst, als der Satyr sich von mir löste, ich saß nun etwas schief auf meinem Stuhl, rührte mich aber weiters kein Stück, und zur Feuerstelle ging fiel mir ein, dass es hier sehr kalt sein musste. Ich spürte es kaum, ich spürte insgesamt momentan kaum etwas von meinem Körper, alles was ich fühlte war in meinem Inneren und das sprach von nichts als reinem, zerreißenden Schmerz, von Trauer und Qual und unfassbar schlechten Gewissen, das mich zu zerreißen drohte und mir die Glieder lähmte. Ciel rieb sich an Trembles und bediente sich an seiner Wärme, auch wenn er nicht zu sehr runtergekühlt war, immerhin hatte er ja die Decken um sich warm zu halten und er war es ja schon gewohnt.

Es waren ein paar schnelle Handgriffe, denn das hatte ich bei unserer Herde auch oft gemacht, es war immerhin etwas, das man sogar konnte ohne reden zu müssen oder härtere körperliche Arbeit, denn stark war ich ganz und gar nicht. Aber es ging mir vor allem darum, dass Undertaker meine Gesten auch wieder sehen konnte, und ich auch seine, auch wenn er nicht sprechen konnte gerade, es war mir vollkommen egal, aber ich wollte für ihn da sein, so gut es eben ging mit meinen Einschränkungen. Es war immer das einzige Mal, an dem ich mir wünschte, dass meine Ohren nicht so nutzlos wären. Es wurde wieder etwas heller im Raum und ich trat wieder zu Undertaker, über dessen Wangen die Tränen nur so liefen und vor allem gelaufen waren, sein Körper wie reglos. Ich zog schließlich einen Stuhl heran, damit ich mich direkt neben Undertaker setzen konnte, was ich auch tat, denn ich wollte ihm zur Seite stehen. Ich werde dir beistehen., deutete ich dann, nachdem ich meine Hände so gehoben hatte, das sie auf jeden Fall im Blickfeld von Undertaker waren, bevor ich mich vorsichtig etwas an seine Seite lehnte. Auf der anderen Seite lehnte seine Sense, vor ihm saß das Skelett seiner Mutter, ich wünschte mir besser zu wissen, was ihn gerade beschäftigte.

Ein Feuer entbrannte im Herd und sein Schein erhellte sogleich den Raum, nun sah man doch deutlich unser Umfeld. Bis die Wärme die Eiseskälte hier vertrieben hatte würde es noch eine Weile dauern, aber immerhin war es nicht mehr dunkel. Cecil setzte sich nun zu mir und lehnte sich an meine Seite, woraufhin auch mein Körper etwas gegen seinen sackte. Nicht schwer und nicht viel, aber doch. Weiter blieb mein Blick auf meine tote Mutter fixiert, aber ich registrierte Cecils Gesten. Er wollte mir beistehen. Nun, das war etwas wirklich neues, noch nie hatte mir jemand beistehen wollen. Noch nie hatte mich auch jemals jemand in diesem Zustand gesehen. Es war die eine Woche im Jahr in der der Laden zu blieb, das wussten die meisten und die, die es nicht wussten flohen aus dem Haus, wenn sie mich nicht gleich fanden. Langsam versiegten die Tränen wieder, vorerst jedenfalls, sie würden bald wieder fallen, das wusste ich, der Schmerz in mir brannte weiter.

Leicht lehnte Undertaker an mir, zum Glück nicht mehr, denn ich war wirklich körperlich überhaupt nicht stark genug um ihn sinnvoll zu stützen, aber ich war mir nicht sicher, ob er meine Gesten gesehen hatte oder nicht. Tränen hörten auf über seine Wangen zu rollen, aber ansonsten saß er noch immer regungslos da. Ich überlegte eine Weile, bevor ich mich schließlich doch dazu überwand das zu tun, an was ich bereits gedacht hatte. Vorsichtig hob ich meine Hand und ergriff mit dieser die Hand von Undertaker, um unsere Finger miteinander zu verschränken.

Wie die kalte, schlaffe Hand eines Toten lag meine Hand eine ganze Weile in Cecils, als hätte ich nicht einmal bemerkt, dass er sie hielt, dass er damit einen Teil seiner Möglichkeit sich zu verständigen aufgab, nur um mir beizustehen, doch das stimmte nicht. Es dauerte zwar eine Weile, bis dieser Erkenntnis durch all den Schmerz und die schweren Gedanken hindurch gesickert war, doch sie tat es. Erst dann rührte ich mich wieder etwas, meine Hand schloss sich langsam um Cecils und dann hielt ich mich plötzlich förmlich an ihm fest, an dem einzigen, das ich noch deutlich von der Realität spüren konnte.

Voller Geduld gab ich Undertaker seine Zeit, er konnte gerade nicht anders, das hatte ich bemerkt, und ich würde ihm deswegen nicht von der Seite weichen. Doch meine Augen weiteten sich, als er plötzlich meine Hand doch mit seiner eigenen ergriff und sich an mir wie festklammerte. Ich zuckte ganz leicht zusammen, aber zwang mich dann dazu langsam zu atmen. Mich einfach auf meinen Atem zu konzentrieren und nicht sofort wieder in Panik zu verfallen. Es war Undertaker, er würde mir nicht wehtun, er würde meiner Hand nicht schaden, er wusste, wie wertvoll meine Hände für mich waren. Ich schaffte es mich zu beruhigen, während meine Annahme auch als richtig bestätigt wurde. Undertaker hielt sich zwar fest, aber er quetschte meine Hand nicht, anders als es der Mensch in der Taverne getan hatte.

So saßen wir nun also da, Minuten verstrichen und sie wurden zu Stunden. Ich hatte die Zeit schon lange nicht mehr im Blick, sie verschwamm vor meinen Augen und wurde unwichtig. Immer wieder rannen Tränen über mein Gesicht und immer wieder stoppten sie. Ich rührte mich nicht, einzig mein Griff un Cecils Hand blieb aufrecht. Stunden war es her, dass meine einsame Wacht durch Cecil unterbrochen worden war. Wieder begannen die Tränen, doch anders als sonst spannte sich dabei nun auch mein Körper an. Mit der Wärme, die langsam wieder in den Raum gesickert war, wärmte sich auch mein Körper erneut etwas auf und brachte ihm ein paar lebendig wirkendere Eigenschaften zurück, etwa das leichte auf und ab meiner Brust in Atemzügen, die ich eigentlich nicht brauchte, aber eben auch dieses anspannem meiner Muskeln, als könnte ich damit den Schmerz in meinem Inneren abschirmen.

Langsam hatte ich es auch geschafft mich vollkommen wieder zu beruhigen, ich war in Sicherheit, niemand konnte mir etwas tun, meiner Hand würde nichts passieren. Ich saß einfach nur still und leise neben Undertaker war und hatte irgendwann die Augen geschlossen, um für ihn zu beten, dass nicht nur ich, sondern auch Mutter Natur ihm beistehen sollte. Meine Lippen wurden langsam trocken, wir saßen schon eine Weile da, aber ich wich ihm nicht von der Seite, aber wenigstens wurde es auch langsam wärmer. Ich riss allerdings die Augen wieder auf, als ich bemerkte, wie sich Undertaker anspannte. Ein leises Geräusch hatte sich tatsächlich aus meiner Kehle gebahnt, besorgter Natur, eine reine Reflexreaktion auf sein Verhalten, das ich nur als ganz leichte Vibration in meiner Kehle wahrnahm. Ich lehnte meine Stirn leicht gegen seine angespannte Schulter, während ich ganz vorsichtig seine Hand drückte.

Es dauerte noch einige Minuten, in denen Cecils Stirn an meiner Schulter lehnte, bis sich wieder etwas bei mir tat. Namentlich sank ich etwas in mich zusammen, zuvor war meine Postur starr und extrem gerade gewesen, und die Atemzüge, die mir entkamen waren deutlich schwerer, aber auch tiefer. Dann löste ich langsam meine Hand von Cecils und verkrampfte sie, gemeinsam mit meiner anderen, am vorderen teil meines Mantels, wie um mich dort festzuhalten. Zu allerletzt, was wieder eine weitere Weile dauerte, löste ich endlich auch den Blick vom Skelett meiner Mutter und drehte, wenn auch nur ganz leicht, meinen Kopf zu Cecil.

Undertaker sackte plötzlich ein Stück in sich zusammen, ich bemerkte, wie sich seine Brust zusätzlich plötzlich schwerer hob und senkte, während er seine Hand von meiner löste. Etwas unsicher hob ich meine Stirn von seiner Schulter und musterte ihn. Ich fragte mich, ob es ein Zeichen war, dass ich lieber gehen und ihn in Ruhe lassen sollte, aber dann drehte er seinen Kopf etwas zu mir, nicht viel, aber es ermutigte mich zumindest wieder probehalber meine beiden Hände zu heben, U, gib mir ein Zeichen, wenn du meine Gesten sehen kannst.

Cecil hob die Hände und ich brauchte einige Momente zu lange um zu verstehen was er mir da deutete, wenigstens war er nahe genug bei mir, dass ich sie problemlos sehen konnte. Ein leichtes, kaum merkliches Nicken war die Antwort, meine Hände verkrampften sich noch etwas mehr an meinem Mantel und ich hatte Mühe überhaupt Luft in mich hinein zu bekommen, Sauerstoff, den ich doch nicht brauchte.

Es dauerte, aber zumindest reagierte Undertaker überhaupt, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass er sich noch mehr verspannte als zuvor. Ich war mir nicht sicher, ob das nun meine Schuld war oder nicht, ob ich das irgendwie ausgelöst hatte oder ob es ihm so anstrengend gewesen war, mir überhaupt ein Zeichen zu geben. Ohne Stimme war man in solchen Situationen wohl auch einfach nicht sehr nützlich, aber ich wollte trotzdem helfen. Du bist wahrscheinlich sehr aufgewühlt, es tut mir leid, dass ich dir nicht besonders nützlich sein kann., deutete ich schließlich, ich war mir gar nicht sicher, ob Undertaker so viele Gesten auf einmal überhaupt aufnehmen konnte, weshalb ich mich bemühte langsam zu deuten. Ich lehnte mich ein winziges Stück vor und musterte Undertaker besorgt, er wirkte noch immer sehr aufgebracht. Möchtest du, dass ich hierbleibe?

Nachdem ich wieder etwas zu lange gebraucht hatte um zu verstehen was Cecil mir sagte stellte sich mir die Frage, die auch nur schwer durch meine Gedanken sickerte, ob es nicht vernünftiger wäre Cecil gehen zu lassen und weiter alleine zu sein. In wenigen Tagen wäre es wieder völlig vorbei und ich konnte ein weiteres Jahr normal weiter machen. Ich war immer alleine für diese Woche, das war normal für mich, aber etwas in mir schrie, wenn ich daran dachte wieder alleine zu sein, es war leise gegen die brüllenden Erinnerungen die in mir brausten, aber doch ungewohnt und deutlich wahrzunehmen. Ich nickte, kaum merklich, aber eben doch, nachdem ich einige Momente lang einfach nur schwer geatmet und mich sonst nicht gerührt hatte. Nach einer ganzen Weile löste ich schließlich aber sogar eine Hand von meinem Mantel um eine einfache Geste zu formen. Bitte.

Ein wenig Erleichterung überkam mich, als Undertaker nickte, auch wenn nur ganz schwach, während ich zuvor noch angespannt auf seine Antwort gewartet hatte, doch es blieb nicht dabei, er hob sogar eine Hand und formte eine Geste, die mich sofort weich lächeln ließ. Natürlich., deutete ich ihm schließlich, Ich bleibe bei dir, so lange du mich brauchst.